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Im Fokus 16.9.25

«Ein Coming-out schadet deiner Karriere nicht – im Gegenteil!»

Hanspeter Kläy
Hat an den Gesetzen des Landes mitgeschrieben: Neumitglied Hanspeter Kläy (Foto: zvg)

Er weiss, wie der Hase in Bundesbern läuft – und wie man ein Unternehmen LGBTI-freundlicher macht. Neumitglied Hanspeter Kläy bringt viel Erfahrung und spannende Geschichten zu network Bern mit.

Hanspeter, du hattest eine spannende Karriere als Jurist in der Gesetzgebung des Bundes. Was gehörte alles zu deinen Aufgaben?
Die grösste Herausforderung war es, neue Gesetze und Gesetzesrevisionen auszuarbeiten und sie in der Vorberatung der parlamentarischen Kommissionen sowie im Parlament zu begleiten. Dazu gehörten die GmbH-Revision, die Revision des Aktienrechts und das Fusionsgesetz.

Warst du auch Ghostwriter für Mitglieder des Bundesrats?
Ja, der Bundesrat ist ein Entscheid-Gremium. Er kann seine zahllosen und vielfältigen Geschäfte nicht selbst ausarbeiten und Berichte mit hunderten von Seiten schreiben. Dafür ist er auf die Arbeit der Verwaltung angewiesen. Deren Rolle ist daher wichtiger und interessanter, als viele meinen. So habe auch ich für den Bundesrat umfangreiche Berichte verfasst und Reden geschrieben.

Die legendäre Bündnerfleisch-Antwort von Alt-Bundesrat Merz hast du aber nicht verfasst, oder?
(lacht) Nein. Dieses berühmte Votum war ein schlecht formulierter Text, der von den Vorgesetzten in der Hektik der parlamentarischen Diskussionen wohl nicht korrigiert wurde.  Aber Bundesräte sollten natürlich die ihnen unterbreiteten Texte durchsehen, bevor sie sie im Parlament vorlesen. (lacht)

Im Jahr 2008 bist du in die Privatwirtschaft gewechselt – ein Kulturschock?
Nein, zumindest nicht so, wie es das Klischee der beschaulichen Bundesverwaltung suggeriert: Ich kam damals beim Bund häufiger spät nach Hause als bei meinen Jobs in der Wirtschaft.

Die Stammtische dieses Landes haben also nicht recht!
Nein, es gibt in der Verwaltung viele Bereiche, in denen den Mitarbeitenden sehr viel abverlangt wird. Zudem ist mir aufgefallen, dass beim Bund einer guten Führungsarbeit tendenziell mehr Gewicht zugemessen wird als in Unternehmen mit einer kurzfristigen Gewinnorientierung. Weiter gibt es sowohl in der Verwaltung als auch in der Wirtschaft leistungsschwache Arbeitseinheiten. Es bestehen sehr viele Parallelen zwischen der Verwaltung und Grossunternehmen. Was in der Verwaltung anders ist, ist die politische Dimension, die sehr aufregend sein kann.

Zum Beispiel?
Insbesondere die Arbeit mit dem Parlament und die Teilnahme an internationalen Verhandlungen. Ich durfte auch mal mit Bundesrätin Ruth Metzler nach Wien auf Staatsvisite. Apropos «Bundesrätin»: Es gibt in den oberen Etagen viel mehr Frauen beim Bund; das Verhältnis ist etwa eins zu eins. Und ein weiterer Unterschied: Nach meiner Erfahrung trauen sich in Unternehmen viel weniger Schwule, sich zu outen. Das queere Netzwerk, das ich bei der BDO AG geschaffen habe, hatte maximal 15 Mitglieder bei über 1’400 Mitarbeitenden. 

Du hast im Job nie ein Geheimnis aus deinem Schwulsein gemacht. War das ein Nachteil?
Nein, zu keiner Zeit. Das sollte man all den jungen Menschen sagen, die sich aus Angst vor beruflichen Konsequenzen nicht outen wollen: Es gibt dadurch keine Nachteile fürs Berufsleben – im Gegenteil.

Im Gegenteil?!
Wer in der Pause wenig oder nichts über sein Privatleben erzählt, wirkt auf seine Kolleg:innen und Vorgesetzten irgendwie merkwürdig. Und merkwürdige Leute werden selten befördert.

Du hast dafür gesorgt, dass die BDO AG das Swiss LGBTI-Label erhalten hat. Dies war dank deinem Einsatz für eine DEI-Policy möglich. Wie findest du, dass nun Firmen wegen der USA plötzlich Diversity-Programme streichen?
Ich finde das schockierend, erbärmlich und kurzsichtig. Ich glaube aber eher nicht, dass dies für Europa letztlich zu einer Verschlechterung führen wird.

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