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Ehe für alle 2.1.21

Durchbruch bei der Ehe für alle: Gewonnen!

Vielleicht können schon in einem Jahr die ersten «richtigen» Ehen zwischen gleichgeschlechtlichen Paaren eingegangen werden. Die parlamentarischen Hürden sind genommen; wie es nun weiter geht, erklärt Daniel Stolz.

Der Nationalrat hat am 9. Dezember mit 119 zu 71 (bei 2 Enthaltungen) der Ehe für alle zugestimmt. Er folgte der ständerätlichen Version, so dass in der Schlussabstimmung in den beiden Räten am 18. Dezember das Resultat nur noch heissen konnte: Die Ehe für alle hat die allerletzte parlamentarische Hürde gemeistert!

Vorstandsmitglied Daniel Stolz, der Network im Abstimmungskomitee vertritt, erklärt den Stand der Dinge und wie es nun weitergeht.

Daniel, es ging ja nun doch recht schnell. Schneller als du erwartet hättest?
Als die Rechtskommission des Nationalrates auf die ständerätliche Version einschwenkte war für mich klar, dass es endlich vorwärts geht. Wäre dies nicht geschehen, dann hätte es sein können, dass die Differenzbereinigung nicht abgeschlossen worden wäre. Dies wäre für uns ein echtes Risiko gewesen. Hätte unsere Mehrheit im Ständerat gehalten?
Schon davor ist ein ganz wichtiger Entscheid gefällt worden: Auch der Ständerat ist der Meinung, dass es für «Ehe für alle» keine Verfassungsänderung brauche. Wenn er anders entschieden hätte, wäre «Ehe für alle» um drei oder gar vier Jahre verschoben worden! Unser Lobbying war hier von entscheidender Bedeutung.

Die Version der Ehe für alle, die nun verabschiedet wurde, ist keine hundertprozentige Gleichstellung zur Ehe zwischen heterosexuellen Menschen. Was genau sind die Unterschiede?
Wenn ein heterosexuelles Paar ein Kind bekommt, dann gilt automatische die Vaterschaftsvermutung für den Ehemann. Wenn ein lesbisches Paar ein Kind bekommt, gilt die originäre Mutterschaft nur dann für beide Frauen, wenn die Samenspende von einer schweizerischen Samenspendeninstitution kommt. Diese ist, im Gegensatz zu ausländischen Institutionen, verpflichtet, einem Kind ab 18 Jahren mitzuteilen, wer der Samenspender ist. Wenn die Samenspende aus dem Ausland kommt oder privater Natur ist, gilt die nicht austragende Frau nicht als originäre Mutter. Somit steigt der Anreiz für lesbische Paare sich bei einer schweizerischen Institution die Samenspende zu «besorgen» – zumindest, wenn sie sich das finanziell leisten können. Das Ziel des Ständerates ist es, dass möglichst viele Kinder ab 18 Jahre die Möglichkeit haben, zu erfahren, wer der Samenspender war.

Zu einem früheren Zeitpunkt sagtest du, dass mit Sicherheit das Referendum gegen die Ehe für alle ergriffen werden wird. Von wem und warum?
Die EDU und ihr neu gewählter Präsident hat das Referendum angekündigt. Die EDU ist eine freikirchlich orientierte Partei. Es gehört zu ihrem Markenkern, die Ehe als Bund von Mann und Frau zu definieren. Ob noch andere Organisationen das Referendum ergreifen, ist noch unklar. So oder so gehe ich davon aus, dass das Referendum ergriffen wird und zustande kommt.

Was bedeutet das genau?
Dies bedeutet, dass wir alle jetzt unsere Vorbereitungen vorantreiben können, so dass wir dann parat sind. Zwar hat der Kampagnenverein gewisse Vorbereitungen abgeschlossen. Aber wir wollten angesichts der unklaren Mehrheitsverhältnissen im Ständerat nicht verfrüht zu viel Geld ausgeben. Jetzt ist diese Frage aber beantwortet. Wir wollen eine sehr erfolgreiche Kampagne durchziehen. Denn natürlich wollen wir prioritär die Abstimmung gewinnen, aber die Kampagne soll auch bewirken, dass schwule, lesbische Paar auch mit Kindern als völlig normal gelten. Was es ja auch ist. Diese Normalität kann gerade auch zum Beispiel jungen Schwulen beim Coming-out helfen.

Und was bedeutet das für das Abstimmungskomitee organisatorisch und finanziell?
Ein Kraftakt (lacht). Nein, das ist wirklich so. Eine schweizweite Abstimmungskampagne kann man nicht mit rein ehrenamtlichem Engagement bestreiten. Natürlich, der Vorstand und ich arbeiten weiterhin ehrenamtlich, aber die Kampagne selbst muss von Profis gemanagt werden. Dies bedeutet, dass wir Geld brauchen. Wir haben von Anfang viel Wert auf das Spendensammeln gelegt. Den Schwung aus dem Ja der eidgenössischen Räte wollen wir jetzt natürlich sowohl politisch wie auch spendensammeltechnisch mitnehmen. Deshalb meine Bitte an alle: Helft uns mit Spenden! Eine schweizweite Kampagne für unsere Anliegen war noch nie gratis! Schon jetzt ein herzliches Merci für jeden Franken!

Und nun ein Blick in die Kristallkugel: Wann wird das erste gleichgeschlechtliche Paar endlich in den Hafen der «richtigen» Ehe einlaufen dürfen?
Hast du mir eine Kristallkugel? Ich habe eben keine. Okay, Spass beiseite: Es kommt darauf, wann genau die Volksabstimmung stattfindet. Vielleicht gelingt es auf den 1. Januar 2022. Das wäre doch schön!

Text: Michel Bossart
Foto: Maico Pereira/Unsplash

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