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Politik 4.3.18

«Ein Coming-out in einem politischen Amt ist nie einfach»

Bis 2015 war Thierry Apothéloz Gemeindepräsident von Vernier im Kanton Genf und kandidiert nun im April für die SP als Conseiller d’Etat (Staatsrat). Im Interview erzählt das Genfer Network Mitglied, was ihn zu diesem Schritt bewogen hat.

Thierry, was ist das dringendste LGBT-Anliegen im Kanton Genf?
Die meisten Probleme im Zusammenhang mit LGBT sind national (Ehe für alle, Adoption, Personenstand für Trans*-Personen). Nichtsdestotrotz gibt es viele Massnahmen auf kantonaler Ebene. Wir müssen es wagen, die Probleme der Diskriminierung im Zusammenhang mit der sexuellen Orientierung und der Geschlechtsidentität zu erfassen, die in der Welt der Arbeit, des Sports, der Bildung und sogar der Gesundheit nach wie vor sehr real sind. Wie in der Verfassung gefordert, hoffe ich, dass bald ein Gesetz über Diskriminierung verabschiedet werden kann, das nicht nur vereinheitlicht, sondern in allen Bereichen, in denen wir hinterherhinken, verbindlich ist.

Du bist seit 2014 Network-Mitglied der Regionalgruppe Genf. Wie kam es dazu?
Mein Partner wurde vor mir Mitglied von Network. Er hat mir davon erzählt. Ich traf Jan Grevstad, Helmut Eichinger und Dominique Rachex, die mich zu Treffen einluden. Es war mir wichtig, dass auch die politische Ebene und insbesondere die Exekutive durch mein Amt bei der Gemeinde von Vernier vertreten sind. Nun möchte ich in den nächsten kantonalen Wahlen in den Staatsrat gewählt werden und Network sodann im Staatsrat vertreten.

Inwiefern hat dir Network bei deiner beruflichen und/oder politischen Karriere geholfen?
Seit ich Mitglied geworden bin, habe ich nur an Kommunalwahlen teilgenommen. Meine Teilnahme an den Aktivitäten von Network ermöglicht es mir, in den aktuellen LGBT-Themen, die die Mitglieder jeden Alters beschäftigen, Fuss zu fassen und informiert zu bleiben. Ferner stehe ich mit Vertretern aus unterschiedlichen Berufskreisen in regem Kontakt.

Du bist geoutet und verpartnert. Gab dein Schwulsein jemals Anlass zu Gerede?
Man macht sein Coming-out auf natürliche Weise und allmählich. In einem politischen Amt ist es aber nie einfach. Aber wenn wir wollen, dass die Dinge sich ändern, müssen wir wissen, wie wir uns sichtbar machen, transparent sein und – in aller Bescheidenheit – vielleicht auch als Modell für diejenigen dienen, die zweifeln.

Ein Staatsrat hat viele Verpflichtungen und steht stets im Rampenlicht. Was sagt dein Partner zu deiner Kandidatur?
Er hat in der Vergangenheit auch Politik gemacht. Er unterstützt mich mehr denn je bei dieser Herausforderung.

Interessiert dich auch ein politisches Engagement auf eidgenössischer Ebene? Wird es mal einen Bundesrat Apothéloz geben?
Die Schweiz ist ein wunderbares, föderalistisches Land. Ich habe mich stets eher für die kommunale und kantonale Politik interessiert. Ich war Stadtrat in Le Locle und Vernier, Bürgermeister von Vernier und sogar zwei Jahre lang Vertreter im Grand Conseil. Ich bin geerdet und stolz, in einem bürgerlichen Milieu aufgewachsen zu sein. Für die breite Öffentlichkeit bringt es wohl am meisten, wenn ich mit konkreter Politik hier im Kleinen etwas bewirke. Meine oberste Priorität ist die Wahl in den Genfer Staatsrat. Die Wahlen sind für den 15. April und den 6. Mai geplant.

Wenn du Staatsrat wirst und einen Wunsch frei hättest, was würdest du dir für die LGBT-Community wünschen?
Ich wünsche mir eine gerechte Gesellschaft frei von Diskriminierung. Die Energie und das Engagement, die die LGBT-Gemeinschaft für mehr Gleichberechtigung aufbringt, sind absolut unglaublich. Ich bin überzeugt, dass dieser Kampf für die Gesellschaft als Ganzes nützlich ist. Ich will weniger Vorverurteilungen, mehr Gleichheit und mehr Solidarität. Ich hoffe, dass jeder junge Mensch, der in Genf oder in der Schweiz aufwachst, ganz ohne Hindernisse so sein kann, wer er ist oder sein will.

Vielen Dank, Thierry. Wir wünschen dir viel Erfolg bei den Wahlen.

Interview: Michel Bossart
Fotografin: Magali Girardin

 

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