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Politik 7.11.20

Für eine Welt ohne Gewalt gegen Homosexuelle

Von links nach rechts: Jaime Coghi Arias
Von links nach rechts: Jaime Coghi Arias

Am 9. Oktober fand in Genf die zur Tradition gewordene Gedenkfeier für Bartholomé Tecia statt. Der Teenager wurde vor 454 Jahren wegen seiner Homosexualität zum Tod durch Ertränken verurteilt. Dass ihm und allen anderen Opfern von staatlicher Diskriminierung jährlich gedacht wird, ist auch das Verdienst von Network.

Als Networker Jean-Claude Humbert im Genfer Staatsarchiv auf das Dossier 1359 stiess, fand er ein Prozessprotokoll. Jean-Claude las, dass der erst 15-jährige Bartholomé Tecia am 10. Juni 1566 wegen Sodomie zum Ertränkungstod in der Rhone verurteilt wurde. Damals bezeichnete man alle Formen der Sexualität, die nicht ausdrücklich der Fortpflanzung dienten, als Sodomie und bestrafte die Fehlbaren oft mit dem Tod. Jean-Claude liess sich von Bartholomés Tod inspirieren und schrieb ein Theaterstück dazu. Die Genfer Regionalgruppe nahm dies zum Anlass, um in Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung 2013 eine Gedenktafel für Bartholomé Tecia an ebenjener Stelle, an der Bartholomé ertränkt wurde, zu errichten. Seither gedenken Network und Dialogai zusammen mit der Stadt Genf alljährlich diesem jungen Mann, der wegen seiner sexuellen Orientierung «von Amtes wegen» sterben musste.

Regionalleiter Jaime Coghi betonte in seiner kurzen Ansprache, dass wir heute dieses Todesurteil nicht mehr nachvollziehen können, in vielen Ländern dieser Welt jedoch homosexuelle Handlungen nach wie vor verboten sind und bestraft werden. Genau darum sei es wichtig, dass Network jeweils Teil dieses jährlichen Gedenktages sei: Auch in der Schweiz und auf der Welt gebe es noch viel zu tun, bis eine tatsächliche Gleichbehandlung erreicht sei, meint Jaime. Darüber hinaus werden die Prinzipien und Rechte, die wir heute als selbstverständlich ansehen, ständig durch homophobe und transphobe Bewegungen in Frage gestellt.

Jaime sagte vor den gut 50 anwesenden Personen: «Die Erinnerung an seinen Prozess und seine Verurteilung fordert uns heute heraus und zwingt uns, über die Einzelpersonen und Gemeinschaften nachzudenken, die aufgrund ihrer Orientierung und Geschlechtsidentität immer noch Opfer von Diskriminierung sind. Wir sind aufgefordert, unsere Stimme zu erheben und zu reagieren, sei es als Bürger*in, Arbeitnehmer*in, Führungskräfte in der Wirtschaft oder als Politiker*in, damit so etwas nie wieder geschehen kann.»

Am Schluss dieser kurzen, aber eindrucksvollen Zeremonie warfen alle Anwesenden an der Stelle, an der Bartholomé Tecia ertränkt wurde, Rosen in die Rhone.

Text: Michel Bossart

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