Eine gemeinsame Kampagne der Regionalgruppe Zürich und PinkCop macht seit Juni auf homo- und transphobe Gewalt aufmerksam. Nun kommt die Plakat-Kampagne auch in die Clubs und Bars der Stadt.
Für viele aus der Community ist das Niederdorf mit seinen queeren Clubs, Bars und Restaurants wohl die Zürcher Ausgehmeile schlechthin. Zugleich ist für LGBTI-Menschen dieser Teil der Altstadt auch der gefährlichste Ort der Stadt: Immer wieder kam es dort in den letzten Jahren zu homo- und transphoben Hassverbrechen, die von Beleidigungen bis brutalen Gewaltdelikten reichten.
Zwei Monate verlängert
Angetrieben von den erschütternden Berichten aus dem Niederdorf schlossen sich vor rund einem Jahr sechs Networker zu einer neuen Arbeitsgruppe zusammen. Gruppenleiter Andreas von Rosen, Marco Uhlig, Gregor Fritzen, Pesche Sahli, Petrik Thomann und Tom Scharff wollten mit einer Kampagne auf das Gewaltproblem aufmerksam machen. Dies taten sie mit Plakaten und einer Website, die sowohl informativen als auch aufklärerischen Charakter besitzen und nebst potenziellen Opfern auch die Community im Allgemeinen und die Gesamtbevölkerung ansprechen.
Wir haben im Newsletter vom Juli über die Lancierung berichtet und wollten nun von den Initianten wissen, ob sie mit dem Verlauf des Projekts zufrieden sind. Gruppenleiter Andreas berichtet, dass die Stadt Zürich die Plakatierung auf öffentlichem Grund nicht nur gratis zur Verfügung gestellt, sondern auch grosszügig um zwei Monaten verlängert habe.
Jetzt auch in den Clubs
Die Plakate waren also von Anfang Juni bis Ende September auf dem Hirschenplatz und dem Zähringerplatz aufgestellt. Sie seien während dieser Zeit von Vandalismus verschont geblieben, was natürlich ebenfalls erfreulich und nicht selbstverständlich ist. Ausser ein paar harmlosen Kritzeleien seien die Plakate nicht verschmiert oder beschädigt worden, sagt Andreas. «Wir deuten dies so, dass sie von der Mehrheit akzeptiert und gutgeheissen wurden.»
Die Plakate werden weiterhin im Zürcher Nachtleben präsent sein: Seit November machen sie neu im A2-Format in den Bars und Clubs der Stadt auf homo- und transphobe Gewalt aufmerksam.
17’000 Menschen erreicht
Wie sieht es mit dem Erfolg der Website und der Präsenz in den sozialen Medien aus? Hier liefert uns Gregor Fritzen erste Zahlen für den Zeitraum vom 1. Juni bis zum 30. September: Insgesamt konnten rund 17’000 Personen im Netz erreicht werden, die meisten von ihnen auf Facebook. Dort postete die Gruppe 15 Beiträge und investierte kleine Beträge in Werbekampagnen. Die Website selbst verbuchte insgesamt etwa 1’500 Seitenaufrufe, wobei genau die Hälfte der Besucher:innen via Facebook kamen.
Internetmarketing-Spezialist Gregor ist zufrieden mit der Reichweite auf Facebook. Der Website-Traffic könnte hingegen etwas höher sein. Als künftige Strategie schlägt er Folgendes vor: Einerseits weiter bezahlte Promotionen durchführen und andererseits Multiplikatoren finden, die in ihren Netzwerken die Kampagne bekannter machen.
Etwas erschreckend sind allerdings die homophoben Kommentare, die unter den Facebook-Posts zu finden sind. Das zeige einmal mehr, dass wir noch einen weiten Weg vor uns haben, sagt Gregor.
Bald auch in anderen Städten?
Generell ziehen die Initianten jedoch eine positive Zwischenbilanz: «Das Projekt zeigt, dass auch mit wenig Arbeitseinsatz aus einer kleinen Idee tolle Projekte entstehen können, die innerhalb von Network, aber auch innerhalb unserer Gesellschaft etwas bewegen», sagt Andreas.
Die Aktion sei medial auf grosses Interesse gestossen und wurde etwa in einem Beitrag auf Tele Top vorgestellt. Nicht zuletzt durch solche Berichterstattungen habe man die drei Zielgruppen – Opfer von Gewalt, Community und Allgemeinbevölkerung – gut erreichen können.
Die Zusammenarbeit mit Pink Cop und der Stadt sei ebenfalls «überaus erfreulich» verlaufen. Auch innerhalb der Networker-Gruppe habe es funktioniert, sagt Andreas. «Es hat Spass gemacht, die unterschiedlichen Charaktere und Ideen zusammenzubringen und am Ende etwas Konkretes vorweisen zu können.»
Die Initianten hoffen, dass noch andere Regionalgruppen das Projekt für ihre Städte umsetzen, denn die Dunkelziffer von Übergriffen sei weiterhin hoch. Die Kampagne würde mit verhältnismässig geringen Kosten von 5’000 Franken einen positiven Effekt für die Community haben. Interessierte können sich beim Projektleiter Andreas von Rosen melden.
Du kannst die Kampagne weiterhin unter diesem Link auf Facebook unterstützen.
Text: Silvan Hess