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Im Fokus 14.10.24

«Seit ich Winzer bin, kann ich mir das Fitness-Abo sparen»

Hans Ineichen an einer Weinpräsentation in der Berner Vinothek «Vero Vino». (Foto: Andy Mettler)

Das Berner Neumitglied Hans Ineichen war jahrzehntelang Journalist beim Radio SRF. Seit 2015 produziert er auf den steinig-kalkigen Böden am steilen Nordufer des Bielersees seinen eigenen Wein.

Hans, ich bin ganz offen: Ich verstehe nichts von Wein.
Diese «Beichte» ist unnötig, aber ich höre sie oft. Ich entgegne dann jeweils, dass es doch reiche, wenn du sagst, ob du einen Wein gernhast oder nicht. Ich bin kein Anhänger dieser schwülstigen Weinbeschreibungen.

«Leicht holzig im Abgang!»
Genau. Oder was ich mal von einem Sommelier gehört habe: «Der duftet wie ein feuchter Fuchs.» Hand aufs Herz: Hast du schon mal an einem Fuchs geschnuppert?

Bisher hatte ich dazu noch keine Gelegenheit. Wie war denn das Weinjahr 2024?
In einem Wort: schwierig. Wir hatten zu viel Regen und dadurch vermehrt Pilzbefall. Jetzt bei der Lese müssen wir regelrecht auf trockene Zeitfenster warten. Trotzdem kann es einen guten Jahrgang geben, man muss einfach mehr Zeit investieren. Mengenmässig ist es nicht schlecht, wenn auch nicht so gut wie 2023. Aber es ist ohnehin zu früh für ein Fazit: Es kann noch viel passieren nach der Ernte und sogar noch beim Reifen im Fass.

Weshalb heisst dein Wein «engelsgruss»?
So heisst das Restaurant in Luzern, wo wir jeweils gejasst haben, wenn wir die Schule schwänzten! Ich erzählte meinem Mann davon und er meinte, das wäre der perfekte Name, zumal wir ja auch in Wingreis/Engelberg ein Stück Rebland besitzen. Unser Logo ist eine Sternschnuppe. Ich finde, das passt alles sehr gut: freudvoll, natürlich, ein bisschen magisch.

Hat auch einen religiösen Touch.
Ich wurde tatsächlich etwas stutzig, als ich herausfand, dass «Engelsgruss» ein anderes Wort für das Ave Maria ist. Ein guter Katholik betet es dreimal täglich, ich wiederum empfehle drei Gläser engelsgruss-Wein pro Tag – so passt es wunderbar. (lacht)

Du bist ja jetzt 100 Prozent Winzer, als Radiojournalist bist du vor drei Jahren etwas verfrüht in Pension.
Weil viele SRF-Redaktionen von Bern nach Zürich verlegt wurden. Ich wollte so kurz vor der Pensionierung nicht noch stundenlang pendeln oder umziehen. Wäre ich vierzig, hätte ich das vermutlich getan und würde nun meinen Wein in Meilen anbauen oder so. Aber ich liebte meinen Beruf, ich liebe das Radio noch heute.

Wirst du im Alltag häufig an deiner Stimme erkannt?
Das ist mir nur ein einziges Mal passiert. Das Hochdeutsch, das Mikro und die Lautsprecher verändern meine Stimme.

Was war eines der bemerkenswertesten Interviews deiner Karriere?
Da fällt mir ein kurzes Livegespräch mit einem ehemaligen SVP-Präsidenten und späteren Bundesrat ein. Ich war etwas nervös, denn ich wurde eindringlich gewarnt, dass dieser Politiker redet und redet, dabei vom Thema abkommt und keine Möglichkeit eröffnet, einzugreifen. Ich habe es dann geschafft, in seinen Millisekunden-Pausen dazwischenzugehen und das Gespräch wieder in die richtigen Bahnen zu lenken. Das war herausfordernd.

Radio machen und Wein machen: Gibt es bei diesen Tätigkeiten gemeinsame Nenner? Oder hast du sie gewählt, weil sie sich ergänzen?
Gemein haben sie, dass ich alles von A bis Z selber mache: beim Wein die Arbeit im Rebberg, die Ernte, die Produktion, die Promotion; beim Radio die Redaktion und Moderation. Doch Radio ist flüchtig und alles muss schnell gehen. Weinbau hingegen ist eine ruhige Arbeit. Man ist oft allein, man muss auch mal warten können. Und es ist eine körperlich anstrengende Arbeit. Seit ich Winzer bin, kann ich mir das Fitness-Abo sparen!

Mehr über den Wein von Hans gibt’s hier: https://engelsgruss.ch/

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