Seit drei Jahren sucht der Verein queerAltern in Zürich nach einer geeigneten Immobilie für das dringend notwendige Angebot. Für die ältere queere Community und ihre Freunde soll auf Stadtgebiet ein Wohn-, Pflege- und Betreuungsangebot entstehen.
Vincenzo Paolino ist Gründungsmitglied von Network und den Radiohörern auch als Dr. Age bekannt. Beruflich leitet er eine Organisation, die quartiernahe Pflegewohngruppen bereitstellt. Diese bieten älteren Menschen, die vorübergehend oder auf Dauer ihr Leben nicht alleine bewältigen können, einen Ort, an dem sie sich wohl und geborgen fühlen.
Sein berufliches Wissen brachte er mit ein, als er im Herbst 2015 nach intensiven Vorarbeiten den Verein queerAltern mitbegründete und dem er als Präsident vorsteht. Er sagt: «Wir möchten in der Stadt Zürich ein Wohn-, Betreuungs- und Pflegeangebot für die queere Community entwickeln und betreiben.» Dafür gelte es, geeignete Räumlichkeiten zu finden.
Vincenzo möchte die Situation nicht schönreden: «Unsere Arbeitsgruppe ‹Standortsuche und Architektur› hat viele Kontakte geknüpft, Projektstudien mitverfasst, und einmal waren wir ganz nah dran. Und doch: Es fehlte das Quäntchen Glück und die Mietzinse waren einfach zu hoch.» Doch das Angebot werde kommen, versichert Vincenzo. «Diese Phase der intensiven Suche sehen wir als eine Art Inkubationszeit.» Ideen seien gereift und schon Realität, wie zum Beispiel der regelmässige Brunch, das kulturelle und gesellige Angebot sowie die jährliche Präsenz an der Pride. «Die Wartezeit ist auch eine Chance für uns», meint Vincenzo weiter.
Zurzeit hat der Verein drei Objekte in Bearbeitung, die für das Wohn-, Betreuungs- und Pflegeangebot queerAltern in Frage kommen könnten. Die Objekte liegen auf Stadtgebiet oder unmittelbar an der Stadtgrenze. Denn eines ist den Initianten wichtig: «Unser Projekt für Zürich ist und bleibt ein urbanes Projekt.» Vincenzo verrät zugleich, dass seit einigen Monaten Vorgespräche für die Gründung einer Regionalgruppe in der Innerschweiz laufen. Ansonsten gebe es seines Wissens in der Schweiz keine ähnlichen Bestrebungen. Einzig von Wien und Berlin wisse er, dass es bereits queere Alterseinrichtungen gebe und in Boston befinde sich ein solches Zentrum ebenfalls im Aufbau.
Dass eine solche Einrichtung für queere Alternde und deren Freund*innen einem wachsenden Bedürfnis entspreche, ist für Vincenzo sonnenklar: «Gerade habe ich von einem Fall aus den USA gehört. Ein Pflegeheim habe ein älteres Lesbenpaar nicht aufgenommen, weil dies gegen die religiösen und kulturellen Ansichten des Heimes verstossen würde. Solange wir nicht in einer Gesellschaft leben, wo wirklich jeder jeden so akzeptiert, wie er ist, solange braucht es diese Idee eines Lebensortes für ältere und fragile, queere Menschen.»
Informationen zu queerAltern finden sich auch der Website des Vereins, wo man auch den regelmässig erscheinenden Newsletter abonnieren kann.
Text: Michel Bossart