Ehe für alle 29.4.21
Verlieren ist keine Option

Das Volk wird das letzte Wort in Sachen Ehe für alle haben. Co-Präsident des Abstimmungskomitees Daniel Stolz gibt Auskunft über den Stand der Dinge.
Daniel, das Referendum gegen die Ehe für alle ist zustande gekommen. Was jetzt?
Vorwärts machen. Ist der Abstimmungstermin schon am 26. September, müssen wir uns beeilen. Dann ist für die eigentliche heisse Phase der Abstimmungskampagne zwischen der Sommerpause und dem Termin kaum Zeit. Vor allem, wenn man daran denkt, dass in einigen Kantonen die briefliche Stimmabgabe an Gewicht gewonnen hat. Findet die Abstimmung am 28. November statt, dann bleibt uns ein wenig mehr Zeit – aber auch nicht viel.
Kürzlich kam es im Präsidium zu einem Führungswechsel. Du bist nun zusammen mit Maria von Känel (Regenbogenfamilien) Co-Präsident des Abstimmungsvereins. Wie funktioniert die Zusammenarbeit?
Ich stehe dazu: Bisher habe ich persönlich Angebote zu Co-Präsidien abgelehnt. Hier aber waren die Umstände so, dass sich ein Co-Präsidium aufdrängte. Die Zusammenarbeit mit Maria funktioniert problemlos. Wenn man bedenkt, dass wir beide sehr unterschiedliche «Typen» sind… Natürlich kostet es Zeit, sich immer abzustimmen – das machen wir sehr konsequent. Zudem haben wir gewisse organisatorische Aufgaben aufgeteilt. Was uns sicher verbindet, ist, dass unser Interesse primär der Abstimmungssiegt is – und wir keine Nebeninteressen verfolgen (müssen).
Im Hintergrund laufen doch bestimmt schon die Vorbereitungsarbeiten für die schweizweiten Kampagnen. Kannst du etwas darüber sagen?
Auf der einen Seite wurde in den letzten Wochen viel «Konzeptarbeit» erledigt. Das ist extrem wichtig. Denn wenn die Vorkampagne gestartet ist, dann haben wir keine Zeit mehr für Diskussionen. Wir haben neben dem Kampagnenkonzept auch eines für die Kommunikation, eines für die Mobilisierung und eines für das Spendensammeln. Dazu kommen eine Meilensteinplanung und Ressourcenpläne neben dem traditionellen Budget und so weiter. Selbstverständlich gibt es inzwischen auch ganz praktische Vorbereitungen wie zum Beispiel die Logistik. Auch war klar, dass wir auf den Termin der Einreichung der Unterschriften unsere Website ausbauen mussten. Der Tag der Einreichung ist der Tag des Referendumskomitees. Das muss respektiert werden. Deshalb haben wir da auch keine Aktion geplant. Aber für die Medien mussten wir erreichbar und für Interessierte musste unsere Website gehaltvoller sein.
Kannst du die Stimmung im Land bezüglich Ehe für alle beschreiben? Was hört ihr im Abstimmungskomitee zum Beispiel aus Wirtschaft und Politik?
Das ist eine schwierige Frage. Im Allgemeinen bekommen wir sehr positive Rückmeldungen – auch ich im Besonderen. Auch die Umfragen sprechen für uns. Die Rückmeldungen aus der Politik sind wie zu erwarten: Rot-Grün und die liberalen Kräfte aus FDP und GLP unterstützen uns. In der Mitte ist es nicht ganz einheitlich aber eher positiv. Selbst die SVP ist nicht so einheitlich. Es gibt ein SVP Ja-Komitee. Die Wirtschaft hat andere Probleme. Da ist es an uns Networker, etwas zu bewegen. Aber es gibt sie: Die, die Nein zur Ehe für alle sagen. Das sieht man an den Unterschriften für das Referendum. Auch Umfragen können trügerisch sein. Oft geben die Befragten die sogenannte «sozial erwartete Antwort». Also die Antwort, die momentan «mainstream» ist. Deshalb aufpassen: Gewonnen haben wir erst, wenn am Abstimmungstag das Ergebnis erscheint.
Was passiert eigentlich, wenn die Volksabstimmung wider Erwarten verloren gehen sollte? Die verfassungswidrige Ungleichbehandlung von hetero- und homosexuellen Menschen kann doch nicht einfach hingenommen werden, oder?
Die juristische Antwort ist: doch. Wir haben in der Schweiz keine Verfassungsgerichtsbarkeit. Politisch ist es aus meiner Sicht natürlich die Antwort: Nein. Aber wir müssen uns darüber im Klaren sein – wenn wir jetzt nicht gewinnen, dann ist das Thema für viele Jahre beerdigt, auch wenn wir noch so schreien würden. Deshalb ist es alternativlos: Alles geben, voller Einsatz und die Chance packen. Ich bin überzeugt, dass wir das zusammen, und nicht zuletzt dank Network, schaffen werden!
Interview: Michel Bossart