LGBT-Organisationen 4.11.16
Viel los bei den Schweizer LGBT-Organisationen

Ende Oktober fand in Bern die «National LGBTQ Conference» statt. Nebst Workshops bot sie den Teilnehmenden eine Gesamtübersicht zu den vielfältigen Aktivitäten der Schweizer LGBT-Gruppierungen.
Am Vormittag des 29. Oktobers wurde in einem gut gefüllten Konferenzsaal des Berner Hotels Schweizerhof die «National LGBTQ Conference» eröffnet. Gleich zu Beginn erhielten die Teilnehmenden einen Überblick zu den aktuellen LGBT-Politgeschäften. Henry Hohmann, Präsident Transgender Network Switzerland (TGNS), thematisierte den Bundesratsbericht «Recht auf Schutz vor Diskriminierung», der in Erfüllung des Postulats von SP-Nationalrat Martin Naef erlassen wurde. Unter anderem ergab sich klar, dass im Trans- und Intersexbereich ein Ausbau des mangel- und lückenhaften Diskriminierungsschutzes sowie vermehrt Sensibilisierungsmassnahmen erforderlich sind. Bastian Baumann, Geschäftsleiter des Schweizer Dachverbands der Schwulen Pink Cross, informierte über den aktuellen Stand der parlamentarischen Initiative «Kampf gegen die Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung», während Barbara Lanthemann, Geschäftsführerin der Lesbenorganisation Schweiz (LOS), über den Status Quo der Initiative «Ehe für alle» berichtete. Im Falle beider Vorlagen liegt es an der nationalrätlichen Rechtskommission, einen ersten Gesetzesentwurf zu erarbeiten. Maria von Känel, Geschäftsführerin des Dachverbands Regenbogenfamilien, kam schliesslich auf die Öffnung der Stiefkindadoption für gleichgeschlechtliche Paare zu sprechen. Dass das Referendum gegen das Gesetz nicht zustande gekommen ist, sei ein «historischer Erfolg, den man feiern darf». Gleichzeitig wies sie darauf hin, dass noch viel zu tun bleibe: «Wir fordern die Ehe für alle, die Volladoption sowie den Zugang zur Fortpflanzungsmedizin für Frauenpaare.»
Diverse Organisationen mit breiter Projektpallette
In der Folge informierten die verschiedenen Schweizer LGBT-Organisationen kurz und bündig über ihre derzeitigen Projekte. Zurich Pride-Präsident David Reichlin zum Beispiel gab das Motto der nächsten Pride bekannt: «No Fear To Be You», heisst es, und rückt die Sicherheit von LGBT-Flüchtlingen in den Vordergrund. LOS präsentierte die neue Broschüre «Gynäkologische Sprechstunde», die sich explizit an lesbische Frauen richtet. Max Krieg erteilte Auskunft über die «pride ouest berne», die im kommenden August unter dem Motto «The Power of Diversity» stattfindet, während Networker Jürg Koller das «Institute of Queer Studies» vorstellte, das unter dem Patronat von Network und «Z&H – Gay Students Zurich» steht. Bastian Baumann von Pink Cross ging unter anderem auf die «LGBT+ Helpline» ein – eine neu geschaffene Meldestelle für LGBT-Gewalt, die Opfern entsprechender Übergriffe auch Beratung anbietet. Delphine Roux vom Dachverband Regenbogenfamilien berichtete, dass der Dachverband derzeit einen Fragebogen erstellt, mit dem die besonderen Bedürfnisse von Regenbogenfamilien evaluiert werden sollen. Danach kam Senata Wagner von TGNS nicht nur auf die neue Broschüre «Trans* – Eine Informationsbroschüre von Transmenschen für Transmenschen und alle anderen» zu sprechen, sondern informierte auch dahingehend, dass bei TGNS eine Kinderfachstelle geplant sei. Diese wird Transkindern und –jugendlichen sowie allen, die mit ihnen in Berührung kommen, mit Rat und Tat zur Seite stehen. Weitere Organisationen, die sich präsentierten, waren Pride@UBS, Aide Suisse contre le Sida, Mythengay, Lilith sowie die LesBiSchwule Basiskirche Basel.
Themenreicher Nachmittag
Nach der Mittagspause ging es mit verschiedenen Workshops weiter. Der eine drehte sich um das Thema «Homosexualität und Migration», während ein anderer den Titel «Your Visibility und Activism Do Matter!» trug. Ein dritter informierte die Teilnehmenden zur «Trans*-Inklusion und Sprache», der vierte zu «Regenbogenfamilien in der aktuellen gesellschaftspolitischen Debatte». Im Anschluss an die Workshops referierte Grainne Healy, die stellvertretende Geschäftsführerin der «Yes-Equality»-Kampagne für das Referendum zur gleichgeschlechtlichen Ehe in Irland. Sie zeigte auf, mit welchen Mitteln und Instrumenten der Öffentlichkeitsarbeit die Abstimmung zur Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe in ihrem Land gewonnen werden konnte. Schliesslich stellte David Reichlin das neu lancierte Projekt «It gets better Switzerland» vor – ein Projekt, das homo- und bisexuellen sowie transidenten Jugendlichen Mut machen und durch den Coming-out-Prozess helfen will.
Konferenz als Motivationsspritze
LGBT-Politik, Workshops und Referate – die nationale LGBTQ-Konferenz war eine ereignisreiche und informative Veranstaltung. «Wir konnten alle davon profitieren», sagt Maria von Känel. Der gegenseitige Austausch und die zahlreichen persönlichen Gespräche seien gleichermassen inspirierend wie motivierend gewesen. «Ausserdem unterstrich der Anlass die Wichtigkeit von Langzeitengagements, die für die Erreichung der endgültigen Gleichstellung von LGBTIQ-Menschen notwendig sind.»
Text: Markus Stehle