Schwul auf der Wiesn? Mit dem Oktoberfest und der OLMA gibt es beliebte network-Anlässe an Orten, die man sonst nicht unbedingt mit LGBTI in Verbindung bringt. Das passt gut, finden die Organisatoren.
Das Oktoberfest polarisiert. Manche erfreuen sich an Bierzelt, Brezn und Lederhosen – andere sehen darin nur ein spiessiges, heteronormatives Sauf-Fest. Tatsächlich ist auf den ersten Blick die Assoziation zwischen Wiesn und queerem Ausgang nicht gerade die naheliegendste. Fakt ist jedoch, dass sich sowohl das Original als auch die exportierten Adaptionen des Volksfests in der LGBTI-Community grosser Beliebtheit erfreuen.
Erprobtes Stimmungsbarometer
Der «Gay Sunday» gilt als einer der Höhepunkte des alljährlichen Münchner Oktoberfests. Auch diesmal war das Bräurosl-Festzelt mit seiner grossen Regenbogenfahne bereits am Nachmittag proppenvoll. Die «Prosecco-Wiesn» in der Woche darauf ist ebenfalls populär beim queeren Publikum. Dieses lässt die Wiesn schliesslich traditionell im Festzelt Schottenhamel ausklingen.
Oktoberfest-Versionen ausserhalb Münchens haben diesen schwulen Aspekt übernommen. Das Oktoberfest Bauschänzli Zürich hat etwa das Pendant «Gay Monday», das dieses Jahr zum 25. Mal stattgefunden hat – zum 22. Mal dabei war Beat Steinmann. Der ehemalige network-Sekretär war denn auch für den Besuch der Zürcher Regionalgruppe des ausverkauften Events vom 21. Oktober 2024 verantwortlich.
Die Stimmung sei einmal mehr phänomenal gewesen. Beat hat hierfür übrigens ein ganz ausgeklügeltes Prüfsystem entwickelt: «Ich messe die Stimmung daran, wie lange es dauert, bis die Mehrheit der Teilnehmer auf den Bänken steht und mitschunkelt und mitsingt.» Sei das um etwa 19 Uhr der Fall, passe es perfekt, denn vorher gibt’s ja Haxen und Henderl. Das diesjährige Highlight war für Beat der Auftritt der legendären France Delon.
«Viele Gays lieben Schlager»
«Die Geschichte des Pink Monday begann mit einigen wenigen Teilnehmern aus dem Kreis der Gäste der Bar Pigalle unten im T&M-Gebäude», erklärt Beat. Heute sei die treibende Kraft die einstige T&M-Verwaltungsrätin Sigi Gübeli vom Hotel Platzhirsch.
Beat ist überzeugt: Oktoberfest und LGBTI passen perfekt zusammen. Viele Gays würden Schlager lieben und feiern gerne ausgelassen. Nur eine kleine Gruppe von Aktivist:innen würde das Fest als zu heteronormativ empfinden. «Bier, Gesang und Fröhlichkeit sind ganz einfach menschlich und haben nichts mit sexueller Orientierung zu tun.»
Vielfältige OLMA
Auch die Ostschweizer und Liechtensteiner Networker sind im Herbst in Feierlaune: Die Regionalgruppe schreibt den Besuch der OLMA immer ganz dick in ihren Veranstaltungskalender. Dieses Jahr war es wieder ein erfolgreicher, geselliger Abend im «Walliser Stall», wo es Apéro-Plättchen, Raclette und Wein gab.
Auch eine landwirtschaftliche Messe ist vielleicht nicht der Ort, wo man einen so beliebten Anlass eines queeren Vereins vermuten würde. Ist es gerade an solchen Veranstaltungen wichtig, sichtbar zu sein? «Wir geniessen einfach die gute Stimmung an der OLMA; es geht uns nicht darum, Präsenz für LGBTI-Anliegen zu zeigen», sagt Organisator und Regionalleiter Peter Altherr.
Eine schwule Organisation an der OLMA – da bestehe keine Diskrepanz: «Es ist inzwischen die grösste Publikumsmesse der Schweiz und mit ihren vielfältigen Angeboten ein beliebtes Ausgehziel von Jung und Alt. Sie unterscheidet sich diesbezüglich nicht vom Nachtleben der Stadt St. Gallen.» Die Messe könne deshalb nicht in eine Schublade wie «heteronormativ» gesteckt werden – unabhängig von ihrem bäuerlichen Umfeld.