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Herrenmode 4.1.22

Ein Salongespräch über Mode und Sitten

Bezüglich Männermode fehlt der Gesellschaft nicht die Akzeptanz
Bezüglich Männermode fehlt der Gesellschaft nicht die Akzeptanz

Wenn es um Mode geht, werden viele Männer unsicher und greifen zum Altbewährten und -bekannten. Dominik Bachmann findet: Das muss nicht sein – Hauptsache, man bleibt sich selbst und authentisch. 

Networker Dominik Bachmann führt in Basel Dreispitz ein Herrenausstattungsgeschäft, das er exklusiv und auf Voranmeldung öffnet. Seiner Kundschaft bietet er Massbekleidung ausgewählter Designer und Accessoires für den eleganten Auftritt.

Dominik, sind Schweizer Männer gut angezogen?
Die Frage lässt sich nicht klar mit Ja oder Nein beantworten. Wenn ich mir beispielsweise in der Bahnhofshalle einer grösseren Stadt oder in einem Einkaufszentrum in der Schweiz die vorbeigehenden Herren anschaue, dann fällt mein Gesamturteil negativ aus. Wenn ich jedoch im Zürcher Kreis 4 oder 5, im Basler St. Johann oder im Berner Länggassquartier in einem Hipsterlokal sehe, mit welcher stilsicheren Nonchalance die Jungs sich kleiden, dann muss ich die Frage mit Ja beantworten. Gesamthaft kann man trotzdem sagen, dass die Männer in Milano eleganter, in Berlin hipper, in New York oder Tokio gewagter und damit stilsicherer angezogen sind.

Was hältst du von Dresscodes wie zum Beispiel «Black Tie»?
Dresscodes können hilfreich sein. Es gibt die klassischen Dresscodes, die vor allem im Geschäftsleben oder bei feierlichen Anlässen ihre Gültigkeit haben. Als Gast ist es einfacher, wenn auf einer Einladungskarte steht, in welchem Dresscode ich zu erscheinen habe. So weiss ich, was von mir erwartet wird und es besteht weniger die Gefahr, dass ich under- oder overdressed bin. Wenn die Gesellschaft, zu der man geladen ist, nicht allzu steif auf den herkömmlichen Dresscode-Regeln beharrt, kann man mit Stil die Regeln auch biegen und im Rahmen einer harmonischen Gesamterscheinung neu interpretieren.

Hingegen bin ich kein Freund von unermüdlichen Besserwissern, die mir klar machen wollen, dass es sich nicht gehört, am Abend braune Schuhe zu tragen oder den untersten Knopf der Weste zu schliessen. Ich mag es nicht, wenn die Leute in Sachen Stil allzu dogmatisch sind.

Warum sind die formalen Kleider für Herren so «steif» und normiert im Gegensatz zu den spektakulären Roben der Damen?
Eine umfassende Beantwortung dieser Frage sprengt wohl den Rahmen dieses Gesprächs und bedarf einer vertieften Auseinandersetzung mit unserer Kostüm- und Modegeschichte. Bevor der Anzug, so wie wir ihn heute kennen, vom Dandy Beau Brummell eingeführt wurde, standen die Herren mit ihren barocken Bekleidungen den Damen in Sachen Opulenz in nichts nach.

Einer der Gründe liegt wohl auch im stereotypen Verständnis der Geschlechterrollen. Der Mann soll die Frau ehren, verehren, hofieren. Die Frau soll als Mittelpunkt der Aufmerksamkeit in ihrer vollen Schönheit erstrahlen. Dabei spielt ihr Begleiter optisch eine untergeordnete Rolle und soll ihr auf keinen Fall die Show stehlen. Aus meiner Sicht sollte ein Mann sich durchaus flamboyant kleiden dürfen und ich habe nichts dagegen, wenn Männer und Frauen um den Showeffekt buhlen. Auch in diesem Bereich dürfen alte Rollenbilder gerne revidiert und stereotypes Verhalten nicht mehr zur Anwendung gelangen. Wichtig ist einfach, dass jemand auch in flamboyanter Aufmachung authentisch wirkt und sich nicht verkleidet.

Am 6. Dezember fand in Basel ein Apero-Spezial mit dem Thema «Dress up for the occasion» statt. Dominik sprach zu den anwesenden Networkern über die schwierige Frage «was Mann anzieht». Der Anlass sei gut gelaufen, freut sich Dominik. So gut, dass er am 15. Februar das gleiche Referat in Bern nochmals halten wird. Reto Konrad sagt dazu: «Wir wissen derzeit zwar noch nicht genau, wo der Anlass mit Dominik stattfinden wird, wir sind aber sicher, dass man hier gute Inputs für die GV in Bad Ragaz oder unseren geplanten Ballbesuch im zweiten Quartal kriegen kann.» Gäste aus anderen Regionen seien ebenfalls herzlich willkommen.

Dominik, kannst du mir etwas zu den Farben sagen? Gibt es Farben, die ein «männlicher» Mann nicht anzieht? Oder bei welchen Anlässen gelten für Männer gewisse Farbtabus?
Nein, für Männer gelten keine Farbtabus, mal abgesehen von den strikten Black-Tie- und White-Tie-Regeln. Aus meiner Beratungserfahrung kann ich feststellen, dass viele Männer sich mit Rosatönen schwertun. Auch hier finde ich die einfältige Zuordnung von hellblau für Jungs und rosa für Mädchen daneben und völlig überflüssig. Es gibt keine männlichen oder weiblichen Farben.

Hingegen bin ich der Meinung, dass jedem Typ gewisse Farben besser stehen als andere, beziehungsweise dass gewisse Farben unvorteilhaft sein können und die Person bleich erscheinen lassen. Auch wenn die Farbtypenlehre einen etwas esoterischen Anstrich hat, der mir nicht besonders sympathisch ist, finde ich, dass es tatsächlich Farben gibt, die dem einen Typ gut und dem anderen schlecht stehen. Es kann nicht schaden, für sich herauszufinden, zu welchem Farbtyp man gehört, welche Farben man meiden sollte und welche Farben besonders vorteilhaft zum eigenen Teint passen.

Hat Corona die Businessmode etwas aufgelockert oder gehen wir zurück zum Krawattenzwang?
Schade, dass die Formulierung «Krawattenzwang» so negativ ist. Mit der Krawatte hätte der Mann, der sich nach einer bestimmten Norm kleiden muss, doch genau das Mittel, sich von den anderen zu unterscheiden und mit Farben und Mustern aus der Masse herauszustechen. Wenn man Zeitschriften, Modeblogs oder Befragungen liest, taucht immer wieder der Begriff von «individuellem Stil» auf, doch wenn ich mich in Szenelokalen oder an Veranstaltungen umsehe, fällt mir auf, dass sich dennoch alle sehr uniform kleiden. Und wer mal gewagter daherkommt, muss darauf gefasst sein, dass er mit schrägen Blicken oder blöden Sprüchen konfrontiert wird.

Aber zurück zur eigentlichen Frage: Ja, ich glaube, dass eine der Änderungen, die Corona herbeigeführt hat, die Kleidernormen im Geschäftsbereich betreffen. Das höre ich jedenfalls von Anwälten oder Bankangestellten.

Zum Schluss noch meine Lieblingsfrage: Wann wird der Männerrock endlich salonfähig?
Der Männerrock oder das Männerkleid sind schon längst salonfähig. Das Problem ist nicht die Akzeptanz der Gesellschaft, sondern der fehlende Mut der meisten Männer. Wenn einer schon Bedenken hat, anstatt eines marineblauen einen königsblauen Anzug zu tragen, wie soll man ihm denn zumuten, einen Männerrock anzuziehen?

Text: Michel Bossart
Foto: Marc Gilgen

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