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Führung 4.11.16

Hinter den Kulissen

Die Network-Führung durch das Zürcher Opernhaus bot Einblicke in ein beeindruckendes Unternehmen, das mehrere hundert Arbeitnehmende beschäftigt.

«Das Opernhaus Zürich war eigentlich eines der ersten Fertighäuser der Stadt», sagt Laurina Raffainer und lacht. Die Organisationsverantwortliche für Führungen am Opernhaus nahm am 13. Oktober eine Gruppe Networker mit auf einen Rundgang durch die Kulturstätte. Dabei sprach sie auch über deren Entstehungsgeschichte. «Der Startschuss für die Bauarbeiten fiel am 13. Juni 1890, bloss fünfzehn Monate später war das Werk vollendet.» Einerseits, erklärt Raffainer den kurzen Errichtungsprozess, hätten die Gebäudepläne bereits bestanden. Die Wiener Architekten Ferdinand Fellner und Hermann Helmer – die beiden waren an der Konzipierung von über vierzig europäischen Theaterhäusern beteiligt – hatten sie für einen Neubau in Krakau entworfen. «Dieser wurde aber nicht realisiert, woraufhin Zürich das baufertige Projekt gewissermassen erbte.» Andererseits wurde das Opernhaus – damals hiess es noch Stadttheater – aus vorgefertigten Einzelbestandteilen zusammengesetzt. Nach seiner Einweihung vereinte das Gebäude rund dreissig Jahre lang Schauspiel, Oper und Ballett unter einem Dach. Seit das Sprechtheater in den Zwanzigerjahren im Zürcher Schauspielhaus ein neues Daheim fand, konzentriert sich das Opernhaus auf die Sparten Oper, Operette und Ballett.

Das Opernhaus, ein Grossarbeitgeber
Bevor Laurina Raffainer die Networker vom prächtigen, in Marmor gehaltenen Eingangsfoyer auf und hinter die Bühne führte, lieferte sie beeindruckende Zahlen: Das Opernhaus verfügt über rund 650 fix angestellte Mitarbeitende, vom Musiker über die Sängerin zum Balletttänzer, vom Schreiner über die Schneiderin zur Bühnentechnikerin. «Je nach Produktion kann der Personalbestand auf bis zu 800 Personen anwachsen.» Die Lohnkosten belaufen sich auf rund 100 Millionen Franken pro Jahr, wobei das Opernhaus jährlich mit 80 Millionen Franken vom Kanton Zürich subventioniert wird.

Bühnenpannen, Drehwinden, Scheinwerfer und Seile
Auf der Bühne herrschte bereits emsiges Treiben. Techniker waren mit dem sogenannten «Einleuchten» beschäftigt. «Jeder Scheinwerfer», so Raffainer, «muss einzeln auf das Bühnenbild abgestimmt werden.» Dieses war auf einer Drehscheibe in der Bühnenmitte installiert. «Der Vorteil der Drehscheibe: Sie ermöglicht szenische Veränderungen ohne Unterbrechung des Stücks.» Dafür könne dann für Umbauten während der Vorstellung der sogenannte Schnürboden nicht genutzt werden – jene Zwischendecke oberhalb der Bühne, über deren Seilwinden einzelne Bühnenbildelemente flexibel herauf- und heruntergelassen werden können. «Jeder Regisseur muss sich demnach vor der Produktion entscheiden , ob er mit einer Drehbühne arbeiten oder den Schnürboden für Umbauten gebrauchen will.» Da im Opernhaus in der Regel zwischen vier bis sechs Produktionen gleichzeitig laufen, sind die Bühnentechnikerinnen und –techniker tagtäglich mit Auf-, Um- und Abbauarbeiten beschäftigt.

Ruhig Blut
Ein weiterer Tour-Zwischenstopp war der Arbeitsplatz des Inspizienten, des Hauptkoordinators einer Theater-, Ballett- oder Opernvorführung. Dieser sitzt in einem Kabäuschen am Bühnenrand, vor ihm Bildschirme, eine Vielzahl von Hebeln, Schaltern und farbig-blinkenden Knöpfen. «Der Inspizient dirigiert den ganzen Ablauf des Stücks», erklärte Laurina Raffainer. Via Funk erteilt er Anweisungen an die Requisite, Bühnen- und Lichttechniker, ruft Sänger und Tänzerinnen auf, erteilt ihnen – im wahrsten Sinne des Wortes – das grüne Licht für ihren Auftritt und entscheidet bei allfälligen Bühnenpannen. «Das kann immer wieder vorkommen. Dementsprechend muss der Inspizient über starke Nerven und Geistesgegenwart verfügen.»

Opernhaus als Lehrbetrieb
Weiter ging es, von den Künstlerinnengarderoben in die Perücken- und Maskenbildnerei, in der 18 Mitarbeitende beschäftigt sind. «Die Perücken werden alle im Haus geknüpft,», erklärte Raffainer. Dabei wird meist Echthaar verwendet – oft kommt dieses aus Indien, wo die Haare bei religiösen Ritualen gekürzt werden. Das Opernhaus bietet auch Lehrstellen an, wie die Networker an dieser Stelle erfahren. In der Tapeziererei zum Beispiel, oder in der Theatermalerei. «Es sind seltene Berufe, die an wenigen Orten erlernt werden können», so Laurina Raffainer. «Es ist schön, dass das Opernhaus zum Erhalt dieser Berufsgattungen beitragen kann.» Nächster Halt war die Schneiderei, wo zwischen Fäden, Schneiderpuppen, Schnittmustern und Stoffen zahlreiche Massanfertigungen genäht werden, vom knappen Balletthöschen zum opulenten Opernkostüm.

Runter ins Erdreich und wieder hinauf
Zum Schluss führte Laurina Raffainer die Networker via die Proberäume der Ballettkompanie – diese besteht aus 50 Tänzerinnen und Tänzern aus 25 Nationen – hinab in die Eingeweide des Gebäudes, die sich vier Stockwerke tief ins Erdreich erstrecken. «Der unterste Stock liegt auf gleicher Höhe wie der Grund des Zürichsees.» Hier werden Kostüme und Schuhe gelagert, Bühnenbilder und Requisiten verstaut, von der Hellebarde über Porzellanvasen zum Karussellpferd. Nach rund eineinhalb Stunden war die Tour zu Ende. Sie bot Einblicke hinter die Kulissen eines beeindruckenden Betriebs. Die gewonnen Eindrücke konnten die Networker während des anschliessenden Apéros noch etwas auf sich wirken lassen, bevor sie, zur Krönung des Abends, gemeinsam die Vorführung der Oper «Der Freischütz» besuchten.

Text: Markus Stehle

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