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Internationaler Tag gegen Homophobie 10.6.22

Mehr als nur eine Gedenktafel

Networker Jean-Claude Humbert spielte einen zehnminütigen Monolog aus seinem Theaterstück über Bartholomé Tecias Prozess.
Networker Jean-Claude Humbert spielte einen zehnminütigen Monolog aus seinem Theaterstück über Bartholomé Tecias Prozess.

Die von Network initiierte Gedenktafel in Genf entwickelt sich zu einem wichtigen und symbolträchtigen Ort im Kampf gegen die Homophobie. Auch dieses Jahr nahmen bei der Gedenkfeier am 17. Mai Vertreter:innen der Genfer Stadt- und Kantonsregierung teil.

Es müssen schreckliche Szenen gewesen sein, die sich am 10. Juni 1566 mitten in Genf abgespielt haben. Bartholomé Tecia, ein erst 15-jähriger Junge, wurde in der Rhone ertränkt, nachdem man ihn «des schrecklichen und abscheulichen Verbrechens der Sodomie» für schuldig befand. Es war die grausame Strafe für Bartholomés Homosexualität.

Tafel gegen das Vergessen
Ohne Network würden die Zeugnisse dieser grausamen Hinrichtung womöglich im Gerichtsarchiv verstauben und für immer aus dem öffentlichen Bewusstsein verschwinden. Aber dank der 2013 vom Verein initiierten und finanzierten Gedenktafel am Ufer der Rhone geht Bartholomé nicht vergessen. Das gilt auch für die 12 weiteren Menschen, die dort zwischen 1558 und 1619 wegen Homosexualität ertränkt wurden.

Jedes Jahr am 17. Mai findet in Genf eine von Network, Dialogai und der Stadt Genf co-organisierte Gedenkfeier am Hinrichtungsort statt. Dieses Jahr war das erstmals seit 2019 wieder direkt vor Ort möglich; zweimal musste wegen der Pandemie eine Videoübertragung arrangiert werden.

Dass die Feier in Genf einen hohen Stellenwert besitzt, sieht man nur schon an den anwesenden Gästen. Auch dieses Jahr nahmen sowohl Medienschaffende als auch Vertreter:innen von Kanton und Stadt teil. Dies waren unter anderem Nathalie Fontanet, Staatsrätin und Zuständige für die Fachstelle für Gleichstellungsförderung und Gewaltprävention des Kantons Genf, und Alfonso Gomez aus der Genfer Stadtregierung. Durch die Gedenkfeier führte mit Matthias Erhardt der Präsident von Dialogai. Ausserdem kam ein ukrainischer Flüchtling von der Organisation Asile LGBTIQ+ zu Wort.

Am Anfang war ein Theater
Ganz zu Beginn spielte Networker Jean-Claude Humbert einen zehnminütigen Monolog aus seinem Theaterstück über Bartholomé Tecias Prozess. Er stellte darin die Frau dar, die Bartholomé damals angeklagt hatte – und dann von ihrem Gewissen geplagt wurde.

Jean-Claude war es auch, der Network vor rund 10 Jahren auf Bartholomés Schicksal aufmerksam gemacht hatte. Er hatte für sein Stück im Genfer Gerichtsarchiv recherchiert und schliesslich den Anstoss für die Gedenktafel gegeben. «Es ist ein grossartiges Beispiel, wie mit Hilfe des Vereins die Idee eines Einzelnen verwirklicht wird», sagt Networker Etienne Francey, der die Gedenkfeier jeweils mitorganisiert.

«Ich bin stolz darauf, dass wir einen Ort geschaffen haben, an dem viel mehr stattfindet, als das Gedenken an eine einzelne Person», sagt Etienne. «An dieser Tafel erinnern wir daran, dass heute noch weltweit Schwule, Lesben und trans Menschen verfolgt werden.» Dies spiegle sich auch im gewählten Datum wider: Der 17. Mai ist der Internationale Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie.

Blumen im Fluss
Wie es mittlerweile Tradition ist, warfen die Anwesenden ganz am Ende der Zeremonie Blumen in die Rhone.

Anschliessend wurden alle Teilnehmende von den Services Industriels de Genève in ihren Ausstellungsraum «Quartier Libre» zu Kaffee und Gipfeli eingeladen. Das Infrastrukturunternehmen mit Sitz in Le Lignon wurde kürzlich mit dem Swiss LGBTI-Label ausgezeichnet.

Text: Silvan Hess
Fotos: Bettina Jacot-Descombes

Bildunterschrift: Networker Jean-Claude Humbert spielte einen zehnminütigen Monolog aus seinem Theaterstück über Bartholomé Tecias Prozess.

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