Im Fokus 13.7.22
«Sprachen ermöglichen den Zugang zu anderen Kulturen und neuen Ideen»

Benjamin Petrzilka ist seit dem 1. Mai offiziell Networker in der Regionalgruppe Lausanne. Der 38-Jährige kann sich im Verein eine Rolle als Brückenbauer zwischen den verschiedenen Sprachregionen vorstellen.
Benjamin, du beherrschst mit Deutsch, Französisch, Italienisch, Spanisch, Englisch und Portugiesisch sechs Sprachen. Wie kam es dazu?
Im Alter von drei bis neun Jahren wuchs ich mit meiner Familie in südfranzösischen Grasse auf, das ja weltweit für die Parfümherstellung bekannt ist. Zurück in der Deutschschweiz durfte ich dann am Gymi ein Austauschjahr in Südafrika absolvieren, wo ich bei Gastfamilien wohnte. Während meines Studiums der Internationalen Beziehungen in Genf wiederum konnte ich im Rahmen des Erasmus-Programms nach Madrid. Und schliesslich unternahm ich noch ein Austauschjahr in Brasilien. Ich habe diese Stationen stets sehr genossen und positive Emotionen helfen natürlich enorm beim Erlernen von Sprachen.
Dass dich eine derartige Sprachvielfalt bei deiner Tätigkeit in der Kommunikationsbranche weiterbringt, liegt auf der Hand. Aber konntest du auch privat davon profitieren?
Ganz bestimmt, denn Sprachen ermöglichen einem den direkten Zugang zu anderen Kulturen und neuen Ideen. Durch den Spracherwerb entdeckt man jeweils auch eine Weltanschauung. Und man erkennt schnell, dass die gängigen Klischees diesen Kulturen nicht gerecht werden, dass alles viel komplexer ist. Ausserdem lernt man Menschen natürlich viel leichter und persönlicher kennen, wenn man sich mit ihnen in ihrer Muttersprache unterhalten kann.
Wird deine Vielsprachigkeit auch deine Aktivität im Verein prägen?
Ich könnte mir durchaus vorstellen, als kultureller Brückenbauer zu fungieren und die Sprachregionen dadurch näherzubringen. Aber auch vor politischen Themen scheue ich mich nicht, da ich durch meine berufliche Tätigkeit mit dem politischen System und der Medienlandschaft der Schweiz gut vertraut bin.
Was sollten hierzulande die nächsten politischen Ziele der LGBTI-Community sein?
Ich denke, wir haben auf gesetzlicher Ebene in den letzten Jahren einiges erreicht. Nun sollten sich diese rechtlichen Fortschritte in der Gesellschaft und im Alltag widerspiegeln – das ist leider noch zu wenig der Fall. Es mag paradox klingen, aber es ist wichtig, der anderen Seite zuzuhören und, wenn immer möglich, unnötige Konfrontationen und Abschottungen zu vermeiden. Wir müssen aufklären und den Dialog anstreben, auch wenn das vielleicht manchmal nicht ganz einfach ist.
Du gehst ja schwierigen Dialogen ohnehin nicht aus dem Weg, schliesslich bist du Kommunikationsleiter bei einem grossen Tabak-Konzern. Macht es dir überhaupt nichts aus, wenn du von vielen Seiten Gegenwind spürst?
Ganz im Gegenteil! Ich mag Aufgaben in Unternehmen, die sich vom Image her in einer herausfordernden Situation befinden. Ich bin oft der Realist und fühle mich in der heilen Traumwelt, wo immer alle glücklich sind und eitel Sonnenschein herrscht, selten sonderlich wohl.
Wie erholst du dich von deiner Arbeit?
Durch Sport im Freien, aber auch mit Reisen, Gärtnern und Kochen.
Was sind denn deine grössten kulinarischen Spezialitäten?
Zürcher Geschnetzeltes oder feine Aufläufe. Am liebsten verwende ich dabei natürlich gleich Gemüse und Kräuter aus meinem Garten. Im Herbst mache ich jeweils gerne eine Bündner Nusstorte; da bin ich dann immer ganz stolz, wenn ich sagen kann, dass die aus eigenen Baumnüssen gemacht wurde (lacht).
Interview: Silvan Hess