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Politische Kommission 14.10.24

Ukraine: Das lange Warten auf das Partnerschaftsgesetz

Pride mit PS: Die LGBTI-Community in Charkiw lässt sich nicht unterkriegen.

network unterstützt die ukrainische LGBTI-Community im Kampf um mehr Rechte. Doch nach ersten Erfolgen stockt der Fortschritt – Nicolas Moretti von der PoKo berichtet über die aktuelle Situation.

5488 und 9103 – diese Zahlen kennen queere Aktivist:innen in der Ukraine mittlerweile auswendig. Es sind die Nummern der Gesetzesentwürfe, welche die eingetragene Partnerschaft für gleichgeschlechtliche Paare (darüber haben wir bereits im Juli 2023 berichtet) respektive ein verschärftes Anti-Hate-Crime-Gesetz vorsehen. Doch beide warten nun schon seit Ende 2023 in der Rada, dem ukrainischen Parlament.

«Das Mobilmachungsgesetz hat während des gesamten ersten Halbjahres quasi sämtliche Ressourcen des Parlaments in Anspruch genommen», erklärt Networker Nicolas Moretti. Als Mitglied der Politischen Kommission beobachtet er die Situation der von network unterstützten Organisationen in der Ukraine ganz genau.

Pride als kleiner Korso
Die parlamentarische Behandlung von 5488 und 9103 war auch eine der Forderungen an der Charkiw-Pride vom 15. September. Wegen des Sicherheitsrisikos zog dieses Jahr allerdings bloss ein kleiner Korso mit rund 60 Personen in 13 Fahrzeugen durch die von russischen Bomben gepeinigte Stadt.

Mitveranstaltet wurde die Mini-Autopride von «Ukrainian LGBTQ Military For Equal Rights». Die NGO mit rund 450 Mitgliedern bietet unter anderem psychologische, medizinische sowie rechtliche Unterstützung an und schafft Safe Spaces. Zudem betreibt die Organisation Aufklärungsarbeit und kämpft für die erwähnten Gesetzesentwürfe. Sie bat network kürzlich um eine erneute Spende über 5’000 Franken, mit denen weitere STD-Safety-Kits bereitgestellt werden sollen.

Gründer Viktor Pylypenko, der sich 2018 als erster Angehöriger des ukrainischen Militärs geoutet hatte, war seit Kriegsbeginn an der Front. Im vergangenen Sommer wurde er aufgrund eines familiären Schicksalsschlages von der Wehrpflicht entlassen. «Jetzt ist er wieder ganz für LGBTQ Military da und aktiver denn je», so Nicolas. network soll demnächst einen detaillierten Bericht über die exakte Verwendung der bisherigen Mittel erhalten.

An Erfolg beteiligt
FULCRUM, eine der bedeutendsten queeren Organisationen des Landes, die eng mit LGBTQ Military zusammenarbeitet, wurde ebenfalls schon von network unterstützt. «Wir spendeten FULCRUM im vergangenen Jahr 10’000 Franken, was sechs Monatslöhnen eines vierköpfigen Teams entsprach», sagt Nicolas. Zurzeit sei FULCRUM nicht auf weitere finanzielle Unterstützung angewiesen.

An welchen Erfolgen network damit direkt beteiligt war, steht im Jahresbericht der Organisation (hier klicken).

Gegenwind spürbar
Die eingetragene Partnerschaft für gleichgeschlechtliche Paare ist in der Ukraine im öffentlichen Diskurs angekommen. Damit nahm aber auch der Gegenwind aus rechts-konservativen Kreisen zu: Die Pride in Kiew musste dieses Jahr aus Sicherheitsgründen verkleinert werden, ausserdem gab es Gegendemonstrationen.

Zudem hat sich zur Überraschung vieler die ukrainisch-orthodoxe Kirche LGBTI-feindlich in die Diskussion eingebracht. «Überraschend ist das, weil sie dieselben extremen Standpunkte einnimmt wie die russisch-orthodoxe Kirche, von der sie sich eigentlich seit dem Angriffskrieg vehement abgrenzt», erklärt Nicolas.

Die anfangs konsequente Ablehnung russischer Ideologien und die Hinwendung zu Europa habe allgemein etwas nachgelassen. Dennoch ist die EU für Nicolas der Schlüssel zum Erfolg. Er ist überzeugt: «Das wichtigste Ereignis für das neue Partnerschaftsgesetz war der Besuch der EU-Aussenminister:innen Anfang Oktober 2023. Das hat dem Anliegen zum Durchbruch verholfen.»

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