Sichtbarkeit 20.10.25
Von Glarus bis Vilnius: Rückblick auf den Pride-Sommer 2025

Noch nie fanden in der Schweiz so viele Prides statt wie 2025. network-Präsident Andy Künzler blickt auf einen Sommer mit eindrücklichen Begegnungen in sechs Städten zurück.
Es herbstelt, und mit dem Sommer endet auch die bunte Saison der queeren Demos und regenbogenbeflaggten Strassen. Dieses Jahr war network an vier grossen Prides mit einer Laufgruppe vertreten: in Zürich (20./21.6.) und Basel (28.6.) sowie in Bern (2.8.) und Luzern (23.8.). An der Zürcher und der Zentralschweizer Pride war der Verein zudem mit einem eigenen Stand präsent.
network-Präsident Andy Künzler liess sich keine dieser vier Prides entgehen. Für ihn ist es heute wichtiger denn je, sichtbar zu sein – als Einzelperson, aber auch als Organisation. «Sichtbarkeit ist ein zentraler Bestandteil unserer neuen Strategie, und sie soll aktiv gelebt werden.»
Überzeugung statt Marketing
Für die queere Sichtbarkeit im Allgemeinen war 2025 ein Rekordjahr – zumindest was die Prides angeht, von denen es heuer so viele gab wie noch nie. Dabei wagt sich das bunte Treiben immer mehr aus den urbanen Zentren heraus: Mit der ersten Mini Pride Lichtensteig und der ersten Glarus Pride wurden wieder neue ländliche Gebiete erschlossen. Dies freut Andy besonders, denn gerade hier sei LGBTI-Sichtbarkeit wichtig und wirksam.
Blieben also die Prides in der Schweiz vom «Backlash» vorerst verschont? «Von einigen Veranstaltern war zu hören, dass sich gewisse Sponsoren zurückhaltender zeigen», berichtet Andy. Die Pride in Zürich habe sich tendenziell kleiner angefühlt. Umgekehrt verstärken einige Unternehmen gerade jetzt ihr Engagement umso mehr. «Das ist ein positives Zeichen, denn wer sich heute noch engagiert, tut dies meist aus echter Überzeugung und weniger aus Marketinggründen.»
Neben den vier Schweizer Prides hat Andy dieses Jahr auch den CSD in Berlin und Anfang Juni das Baltic Pride Festival in Vilnius erlebt. Letzteres habe ihn besonders beeindruckt.
Unterschiedliche Ausgangslagen
Die erste Pride konnte in Litauen erst 2010 durchgeführt werden. Damals waren es 300 Teilnehmende – und etwa zehnmal mehr an der Gegendemonstration. Hier steht die Community heute noch mitten im politischen Kampf um grundlegende Rechte. Seit April 2025 ist die Beschränkung eingetragener Partnerschaften auf heterosexuelle Paare in Litauen verfassungswidrig, was zu ersten gerichtlichen Anerkennungen gleichgeschlechtlicher Partnerschaften geführt hat. Ein entsprechendes Gesetz steht jedoch noch aus.
Vilnius hat Andy nachdenklich gemacht: «Es hat mir gezeigt, wie unterschiedlich die Ausgangslagen in Europa sind und wie wichtig es ist, solidarisch zu bleiben.» Der Austausch mit den Partnerorganisationen an der zeitgleich stattfindenden Konferenz für Workplace Inclusion empfand er zudem als sehr bereichernd und inspirierend.
Optimierung für den Pridebesuch
Andy zieht eine positive Bilanz: Es sei ein ereignisreicher, vielfältiger und inspirierender Sommer gewesen. Besonders schön seien die vielen Begegnungen mit Mitgliedern, Interessierten und Partnerorganisationen. Sie würden zeigen, wie lebendig und vielfältig unsere Community ist.
Aber der network-Präsi wäre nicht der network-Präsi, wenn er nicht noch Optimierungspotenzial sehen würde: «Für die Zukunft wünsche ich mir, dass wir unseren Auftritt als Verein stärker vereinheitlichen und noch mehr Mitglieder motivieren, aktiv mitzuwirken. Gemeinsam können wir unsere Sichtbarkeit weiter stärken.»