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Swiss LGBTI-Label 4.8.17

Wenn LGBTI-Inklusion zur Chefsache wird

In den Aufbau des «Swiss LGBTI-Labels» flossen nicht zuletzt Erkenntnisse, die der Blick auf ein britisches Vorbild geliefert hatte.

Im Juni war es so weit: Das «Swiss LGBTI-Label» ging in seine Testphase. Das Kernteam hinter dem Label – dazu gehören die Networker Stefan Hürlimann, Hugo Zimmermann, Yann Lavenu und Max Katz sowie Andrea Gurtner und Maja Ulli von Wybernet – verschickte einen 18-seitigen Fragebogen an 20 Pilotpartner. Bei Letzteren handelt es sich um Unternehmen und Organisationen, die sich um die Schaffung eines LGBTI-freundlichen Arbeitsumfeldes bemühen und im Fragebogen nun darüber Auskunft geben, mit welchen Mitteln sie auf dieses Ziel hinarbeiten. Im September wertet das Kernteam den Fragebogen aus, im Oktober folgt ein Work-Shop, in dem die Testphase mit den Pilotfirmen besprochen wird.

Prominentes Vorbild
Bei der Konzipierung des Labels orientierte sich das Kernteam nicht zuletzt an ausländischen Organisationen, die in ihrem Land bereits ein LGBT-Gütesiegel kreiert haben. Einer dieser Verbände ist die britische Organisation «Stonewall». 1989 gegründet, ist sie zur grössten LGBT-Gruppierung Europas avanciert und verfügt heute über 90 Mitarbeitende und Büroräumlichkeiten im Zentrum Londons. Im Hinblick auf den Aufbau des schweizerischen Labels hat Stefan Hürlimann Stonewall einen Besuch abgestattet und dabei vor allem Erkundigungen über den «Workplace Equality Index» eingeholt – einen Fragebogen, der in seiner Ursprungsform bereits vor zwölf Jahren entstand. Damals war er noch zwei Seiten lang, heute erstrecken sich die Fragen über knapp zwanzig Seiten. Zum Beispiel wird geprüft, ob firmeninterne Anti-Diskriminierungsrichtlinien bestehen oder LGBT-Themen Eingang in die offizielle Unternehmenskommunikation finden. Die Auswertung der Befragung publiziert Stonewall alljährlich in einem Bericht, der die hundert LGBT-freundlichsten Firmen Grossbritanniens auflistet. Zuoberst aufs Podest schaffte es im 2016 der britische Inlandsgeheimdienst MI5, gefolgt von der Lloyd Banking Group und dem walisischen Parlament. Klingende Namen in den Top 30 sind des Weiteren die Royal Navy, Baker McKenzie, PricewaterhouseCoopers, die Universität Cardiff oder die Polizei von Sussex.

Vom Topmanagement getragen
«Die Popularität des Workplace Equality Index ist beeindruckend», sagt Stefan Hürlimann. 415 Firmen stellten sich im letzten Jahr den Fragen von Stonewall, und über 60’500 Arbeitnehmende füllten online einen zweiten, vom Equality Index unabhängigen Fragebogen aus, mittels dessen sie die LGBT-Freundlichkeit ihres Arbeitgebers beurteilen können. «Bemerkenswert ist, dass sich der Einsatz der Firmen nicht in der Beantwortung des Fragebogens erschöpft», erzählt Stefan. Vielmehr würde ein Stonewall-Expertenteam die einzelnen Unternehmen und Organisationen besuchen und sie darin beraten, wie sie die Integration von schwulen, lesbischen, bisexuellen und transidenten Arbeitnehmenden verbessern könnten. Dabei nehme an diesen Treffen stets auch ein Mitglied des C-Level-Managements teil, «sei dies der CEO, sei dies die Personalchefin». Das zeige, dass die firmeninternen Diversitätsprogramme von ganz oben getragen würden. «Der Ruf, ein LGBT-inklusives Unternehmen zu sein, ist für das Employer Branding und die Rekrutierung vielversprechender Talente sehr wichtig geworden», so Stefan. Dieses Bewusstsein sei in Grossbritannien tief verankert. «In dieser Hinsicht sind uns die Briten etwa 20 Jahre voraus – die Institutionalisierung und Relevanz des Workplace Equality Index liefert den eindrücklichen Beweis.»

Anfangen – ohne Perfektionsanspruch
Stefan Hürlimanns Besuch bei Stonewall lieferte Inspiration für die Schaffung des «Swiss LGBTI-Labels». «Wir sahen, welche Bedeutung einem solchen Diversitätszertifikat in der Arbeitswelt zukommen kann», erklärt Stefan. Andererseits gewann das Kernteam wertvolle Erkenntnisse betreffend den Aufbauprozess. «Stonewall verfolgte einen sehr pragmatischen Ansatz. Sie fingen klein an, als sie den Index vor mehr als einem Jahrzehnt einführten.» Daraus könne man auch für das Schweizer Label einen Nutzen ziehen, ist Stefan überzeugt. «Es muss nicht alles von Anfang an perfekt sein – wichtig ist, dass man einmal beginnt.»

www.lgbti-label.ch

Text: Markus Stehle

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