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Clubs im Stresstest 7.11.20

Clubbetreiber fühlen sich alleingelassen

Der Zürcher Networker Marco Uhlig betreibt den Heaven Club im Niederdorf. Im Interview erzählt er, wie die Szene mit dem Lockdown im Frühling und den dauernd ändernden behördlichen Bestimmungen umgeht. Einfach ist es nicht, der Club bleibt vorerst geschlossen.

Im Gegensatz zu den Gastrobetrieben, die während des Lockdowns im Frühling zwar ebenfalls schliessen mussten, konnten Clubbetreiber vom schönen Sommer oder grösseren Aussenflächen nicht wirklich profitieren. Seit März 2013 betreibt Networker Marco Uhlig in Zürich den Heaven Club. Bis Corona kam, lief das Geschäft sehr gut und die betriebsführende Firma war gesund, jetzt ist ein Überlebenskampf daraus geworden.

Marco, wenn du das Jahr 2020 mit einem Satz beschreiben müsstest, wie würdest du das tun?
Einfach zum Vergessen.

Waren die staatlichen Finanzhilfen ausreichend oder was hätte man deiner Meinung nach besser machen können?
In Clubs arbeiten sehr viele Menschen im Stundenlohn und auf Abruf. Wir Clubbetreiber mussten wochenlang dafür kämpfen, dass diese Menschen und die mitarbeitenden Inhaber ebenfalls Anrecht auf Kurzarbeitsentschädigung haben. Das war ein Kraftaufwand, den man auch hätte verhindern können. Eine unterstützende Massnahme vom Staat, die bis jetzt nur geplant ist – notabene nach acht Monaten Coronakrise – kommt frühestens im Februar 2021. Also dann, wenn wir bereits Konkurs gegangen sein werden.

Wie hat sich dein Club nach dem Lockdown im Frühling erholt?
Wir spürten eine Euphorie und die Gäste sind auch wieder gekommen. Wir hatten sehr gut besuchte Abende. Im Juli hat sich die Situation dann allerdings wieder verschlechtert. Weil nach wie vor keine Nachtzüge fahren, fehlten uns vor allem am Freitagabend die Gäste. Man ging nach der Arbeit zwar in eine Bar und anschliessend etwas essen, aber für den Clubbesuch hat die Zeit dann nicht mehr gereicht. Ab Mitte Juli hatten wir darum nur noch am Samstag offen. Das funktionierte gut, weil die meisten Leute bis 5 Uhr geblieben sind und dann einfach den ersten Zug oder das erste Tram nach Hause genommen haben. Aber Geld haben wir eigentlich ab diesem Zeitpunkt keines mehr verdient.

Jetzt spitzt sich die Lage wieder zu. Was tust du mit deinem Club?
Wir haben eben beschlossen, den Club gar nicht mehr zu öffnen. Ideen hätten wir schon gehabt: ein Oktoberfest zum Beispiel, da könnten alle sitzen. Wir dürften ja nur noch 100 sitzende Gäste bewirten. Das Problem: Im Heaven hat es nur 50 Sitzplätze, bei 100 müssten wir stuhlen wie in einem Theater. Das ergibt in einem Club ja keinen Sinn.

Würdest du einen zweiten offiziellen Lockdown begrüssen?
Ich war in den letzten Tagen an vielen Krisensitzungen. Grundsätzlich finde ich, dass es zurzeit keine gute Idee ist, sich in geschlossenen Räumen mit mehr als 20 Menschen aufzuhalten. Doch wenn man jetzt noch mehrere Wochen die Nachtkulturunternehmen ausbluten lässt, wenn niemand wirklich Verantwortung übernehmen will und man dann erst wegen der ausser Kontrolle geratenen Pandemie doch noch einen Lockdown beschliesst, werden die Clubs das nicht überleben. Darum: Ja, lieber jetzt für vier Wochen alles dicht machen und die Ansteckungsketten durchbrechen. Dazu braucht es aber eine Regierung mit Eiern in der Hose. Wenn man die offiziellen Pressekonferenzen von Kanton und Bund verfolgt, wird man schnell ein Bild der Planungslosigkeit erkennen.

Sind die behördlichen Massnahmen zielführend oder was müsste deiner Meinung nach anders gemacht werden?
Man hat es bislang verschlafen, sich um die Clubs zu kümmern. Alle Informationen erfahre ich aus den Medien. Bund und Kanton reden nicht mit uns aus der Nachtkultur-Branche; wir müssen selbst entscheiden. Ein Club trägt ja auch zum Kulturleben bei! Ich habe das Gefühl, dass wir auf kleiner Flamme totgekocht werden.

Ein Blick in die Zukunft: Wird das Clubleben jemals wieder so sein, wie vor der Pandemie?
In den Köpfen der Menschen wird sich schon etwas ändern. Wir schütteln ja keine Hände und geben uns keine Begrüssungsküsschen mehr… Das Trefft-euch-nicht-Mantra der Behörden wird ebenfalls noch lange in den Köpfen der Menschen nachhallen. Doch die Nachtkultur darf nicht aussterben! Nur arbeiten, essen, schlafen: Das kann es ja auch nicht sein.

Interview: Michel Bossart

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