fbpx Aller au contenu principal

Theaterbesuch in Genf 6.3.23

Die amüsante Entlarvung der Heuchelei

«Heuchler» Jean-Claude Humbert im grauen Samtjackett (Mitte) beim Schlussapplaus der Premiere. (Bild: Dirk Langer)

Die Regionalgruppe Genf besuchte eine Aufführung der Komödie «Assiettes froides», wo man Networker Jean-Claude Humbert für einmal als snobistischen Bösewicht erleben konnte.

Eine scheinbar ehrbare, katholisch geprägte französische Familie versteckt hinter ihrem Adelstitel einige Geheimnisse, die nun von einem einfachen Dienstmädchen ans Tageslicht gebracht werden. Darum geht es im Stück «Assiettes froides», das aus der Feder von Dominique Huppi stammt. Der Journalist, der rund 30 Jahre lang fürs Westschweizer Fernsehen tätig war, prangert mit seiner Komödie die Schwächen und Untaten bestimmter Kreise an, die vorgeben, die letzte Bastion der Sitte in einer lasterhaften Welt zu sein.

Allabendliche Verwandlung
Vom 14. bis 26. Februar wurde das Stück fast täglich in der «Compagnie Théâtrale» gespielt – mittendrin war auch der Genfer Networker Jean-Claude Humbert. Er verwandelte sich auf der Bühne Abend für Abend in einen Bösewicht, wie man ihn etwa in der Figur des Tartuffes bei Molière findet.

Die Entlarvung der Heuchelei in Form der Komödie habe etwas sehr Lustvolles an sich, sagt Jean-Claude. «Ich habe viel Spass daran, diese anmassende, snobistische und verächtliche Figur zu spielen, indem ich in meinem Innersten nach dem suche, was letztlich in jedem von uns steckt.»

Besuch von Network
Am 14. Februar, dem Abend der Premiere, konnte man im Zuschauerraum einige Networker entdecken: Die Regionalgruppe Genf organisierte nämlich einen Besuch der Vorstellung, was Jean-Claude natürlich sehr freute. Allerdings fand er es schade, dass er nach dem Auftritt nicht so viel Zeit hatte, mit seinen Vereinsfreunden über das Stück zu sprechen – dies werde er beim nächsten Treffen nachholen. «Ich glaube aber, dass sie viel gelacht und den Text sowie das Spiel und die Inszenierung sehr genossen haben.»

Da es Valentinstag war, mussten übrigens sämtliche Paare – egal welchen Geschlechts – nur einen Eintritt bezahlen. Diese Aktion hatte der Produzent des Stücks auf Wunsch von Jean-Claude umgesetzt.

Szene im Theater (Bild: zVg von Jean-Claude Humbert) 

Anstoss für Gedenktafel
In «Assiettes froides» sorgt er zwar als komische Figur für viele Lacher, doch Jean-Claudes Hinwendung zum Schreiben und zum Theater hat einen ernsten Hintergrund: Im Jahr 1990 beendete er in Genf seine berufliche Tätigkeit als Notar, begleitete fortan an Aids erkrankte Menschen und fing an, Texte zu verfassen.

«Voyage avec les morts qui dansent» ist eine Erzählung über Totentänze, die Grosse Pest von 1348 und Aids. Darauf folgten Theaterstücke, in denen Jean-Claude manchmal auch selbst mitspielte. Seine Werke «Madame Tschaikowsky» und «Don Quichotte et Sancho Panza, l’attente de l’amante absente» wurden von professionellen Schauspieler:innen unter anderem in Genf und Avignon aufgeführt.

Jean-Claude war es auch, der Network auf das Schicksal von Bartholomé Tecia aufmerksam gemacht hatte. Dieser wurde 1566 im Alter von 15 Jahren wegen seiner Homosexualität in der Rhone ertränkt. Jean-Claude hatte für sein Theaterstück im Genfer Gerichtsarchiv recherchiert und schliesslich den Anstoss für die von Network initiierte und finanzierte Gedenktafel gegeben. An der letztjährigen Gedenkfeier spielte er in einem zehnminütigen Monolog mit der 20-jährigen Magd Marie die einzige fiktive Figur seines Stücks. Sie war eine gute Freundin von Bartholomé und sagte alles, was in den Protokollen des Falls nicht gesagt wurde, aber zwischen den Zeilen zu lesen war.

Text: Silvan Hess

Newsletter-Anmeldung