Die Universität Zürich führte im Herbstsemester 2014 ein Seminar zum Thema Homosexualität durch. In einem spannenden Referat schaute die Dozentin auf die Lehrveranstaltung zurück.
Als erste Universität im deutschsprachigen Raum bot die Uni Zürich vor zwei Jahren ein ganzsemestriges Seminar zum Thema «Homosexualität in der Gesellschaft» an. Geleitet wurde dieses von Michaela Thönnes, die als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Soziologischen Institut arbeitet. Ihr Antrag auf Durchführung der Lehrveranstaltung war 2013 von der Professorenkonferenz einstimmig genehmigt worden. «Die Homosexualität polarisiert und dient immer wieder als Spiegelbild gesellschaftlicher Normen und Werte». Aus soziologischer Perspektive sei sie deshalb ein sehr vielversprechendes Forschungsgebiet, erklärte Michaela Thönnes, als sie das Seminar am 20. September in einem Vorlesungssaal der Uni Zürich Revue passieren liess. Ihr Referat bildete den Auftakt der neuen Vortragsreihe des «Institute of Queer Studies». Dieses steht unter der Leitung der Networker Jürg Koller und Fabian Jenny.
Aktueller Diskussionsstoff
Die Lehrveranstaltung «Homosexualität in der Gesellschaft» sei damals auf grosses Interesse gestossen, erläuterte Thönnes. «Die Studierenden meldeten sich aus den unterschiedlichsten Gründen an.» Es sei ihnen darum gegangen, ihren Horizont zu erweitern. Neues zu einem Thema zu erfahren, über das sie noch nicht im Detail Bescheid wussten. «Zu jener Zeit lief LGBT-politisch ziemlich viel. In der Schweiz hatte die CVP ihre Ehedefinitions-Initiative lanciert, in Frankreich gingen die Menschen sowohl für als auch gegen die Homo-Ehe auf die Strasse. Für die Studierenden war es eine aktuelle Debatte, sie wollten mitdiskutieren können.»
Breitgefächerter Themenstrauss
Im Rahmen des Seminars fanden 13 Sitzungen statt, die alle unter einem anderen Titel standen. So beschäftigten sich die Studierenden nicht nur mit den «Lebenswelten von LGBT», dem «Coming-out» und der «Homosexualität im Alter», sondern gingen auch der Frage nach, von welchen Faktoren die gesellschaftliche Akzeptanz von Homosexuellen abhängt, oder wie sich hierzulande die Situation gleichgeschlechtlicher Eltern gestaltet. Des Weiteren thematisierte Michaela Thönnes die Homosexualitätsforschung, «die in der Schweiz im Jahr 1821 begann», bevor sie mit den Studierenden die Bedeutung der gesellschaftlichen Sozialisierung für LGBT-Menschen oder deren unterschiedlichen Lebensrealitäten im internationalen Vergleich untersuchte.
Unbedingt weiterforschen
Zum Abschluss des Semesters erstellten die Studentinnen und Studenten Seminararbeiten, die in Form von fünf verschiedenen Gruppenprojekten entstanden. «Die eingereichten Arbeiten und deren Präsentationen waren sehr gut gewesen», erinnerte sich Michaela Thönnes. Überhaupt zog sie am Ende ihres Vortrags ein sehr positives Fazit zur Lehrveranstaltung. Die Studierenden seien sehr motiviert gewesen, und auch die Resonanz in den Medien und seitens der Universitätsleitung sei erfreulich ausgefallen. «Und was sich erneut zeigte: Die Homosexualität ist ein so reichhaltiges Forschungsgebiet! Ich würde mir in Zukunft eine stärkere wissenschaftliche Auseinandersetzung mit diesem Thema wünschen.»
Text: Markus Stehle