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Im Fokus 1.2.23

«Ein Schwuler im Fernsehen ist kein Grund zur Aufregung mehr»

Hoch frequentiertes Wasserloch in Namibia: Mario begibt sich gerne auf kulturelle Entdeckungsreise (Bild: zVg)
Hoch frequentiertes Wasserloch in Namibia: Mario begibt sich gerne auf kulturelle Entdeckungsreise (Bild: zVg)

Mario Grossniklaus kennt man aus SRF-Sendungen wie der Tageschau, der Arena und dem Club. Seit letztem November ist der 46-jährige Journalist Mitglied bei Network Zürich.

Mario, du hast ja bereits zwei Veranstaltungen für Network moderiert.
Es waren sogar drei.

Das Interview fängt ja gut an! Da war doch das Club Dinner mit Corine Mauch im vergangenen Herbst und nun das Politpodium.
Genau, und dann noch mein allererster Einsatz für Network, der schon fast 11 Jahre zurückliegt: Das war eine Podiumsdiskussion an der GV 2012. Dadurch bin ich auch erstmals auf den Verein aufmerksam geworden. Damals hatte ich allerdings noch keine Führungsposition, was sich inzwischen geändert hat. 2019 besuchte ich mal wieder die Network-Homepage und sagte mir: «Das ist genau, was ich suche.» Ich nahm an ersten Anlässen teil – aber dann kam die Pandemie und ich hielt mich für längere Zeit von Menschenmengen fern. Im vergangenen Jahr entschloss ich mich, das jetzt aber wirklich durchzuziehen. Mit Christian Schwarz und Jean-Michel Priou hatte ich zwei hervorragende Göttis zugeteilt bekommen, die mir zwei gleichermassen bereichernde Perspektiven auf den Verein vermitteln konnten.

Du fühlst dich also wohl bei Network.
Sehr! Ich geniesse die angenehmen Gespräche bei den Apéros mit spannenden Menschen aus den unterschiedlichsten Berufsgruppen. Der Umgang ist offen und respektvoll. So ermöglichen die Begegnungen auch einen kontroversen Austausch, was sehr wichtig ist, denn nur so kann man sich weiterentwickeln.

Kannst du dir vorstellen, in Zukunft weitere Network-Anlässe zu moderieren?
Grundsätzlich schon, allerdings gehört das Moderieren in meine Berufswelt. Im Verein möchte ich mich in erster Linie als Privatperson engagieren und auch Aufgaben übernehmen, die nichts mit meinem Job zu tun haben. In diesem Jahr wird das zwar etwas schwierig, weil es ein Wahljahr ist und ich beim SRF dazu die Projektleitung übernommen habe.

Bleiben wir trotzdem noch kurz bei deinem Job: Gibt es eine Persönlichkeit, die du unbedingt mal interviewen möchtest?
Das ist eine gute Frage. Ich finde Etiketten langweilig – der Mensch dahinter ist spannend. «Wichtige» Leute sind in Interviews oftmals nicht so interessant. Lieber will ich möglichst viele unterschiedliche Menschen und Kulturen kennenlernen und herausfinden, welche Realitäten es ausserhalb unserer Schweizer «Bubble» noch zu entdecken gibt.

Du hast also kein Idol?
Noch nie gehabt. Ich hatte mir als Teenager auch nicht Poster von Stars an die Wand geklebt. Später berichtete ich dann vom WEF, wo Leute wie Matt Damon herumspazierten und Boris Johnson am Nebentisch sein Nachtessen verschlang. Da verloren Promis endgültig ihren Zauber. Allerdings machte ich eine sehr emotionale Erfahrung, als ich von Nelson Mandelas Trauerfeier berichten durfte. Ich hatte mich damals zum ersten Mal intensiv mit ihm auseinandergesetzt und fand es sehr schade, dass ich ihn nicht mehr persönlich kennenlernen konnte. Seither lebe ich nach dem Prinzip, nichts aufzuschieben, was für mich von Bedeutung ist. Ich kläre die wichtigen Dinge in meinem Leben, solange ich die Gelegenheit dazu habe.

Manchmal sind die Rollen wie jetzt vertauscht und du bist derjenige, der interviewt wird. Nervt es dich, wenn es dann um deine Homosexualität geht? Oder ist das eine gute Gelegenheit, Sichtbarkeit zu praktizieren?
Nerven tut es mich nicht. Meine Homosexualität ist einfach eine von vielen Farben in meinem Farbkasten und dazu darf man gerne Fragen stellen. Eigentlich habe ich jedoch nicht das Gefühl, dass dies von den Medien so oft aufgegriffen wird, seitdem mich der Blick vor etwa 13 Jahren öffentlich geoutet hat. Es gehört offenbar in unserer Gesellschaft mittlerweile doch zur Normalität.

Hast du schon mal homophobe Hassbotschaften erhalten?
Erstaunlicherweise noch nie! Es verwundert mich deshalb, weil wir sonst durchaus kritische Zuschriften erhalten. Meistens geht es dabei um politische Fragen, persönlich wird höchstens mal mein Bart kritisiert, der gewissen Zuschauerinnen nicht gefällt. Das werte ich also ebenfalls als gutes Zeichen: Ein Schwuler im Fernsehen ist kein Grund zur Aufregung mehr.

Interview: Silvan Hess

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