Verlobung vor laufender Kamera: Networker Thomas Thommen hielt auf der Bühne des Wiener «Life Ball» um die Hand seines Partners Simon Gisin an.
Der Basler Networker Thomas Thommen machte seinem Partner und Network-Interessenten Simon Gisin auf der Bühne des Wiener Life Balls einen Heiratsantrag. Sichtlich gerührt sagte Simon Ja, das Publikum applaudierte begeistert. Es waren Szenen, die ORF und 3Sat live in mehrere Länder und auf Millionen TV-Bildschirme übertrug. Im Interview spricht Thomas über nervenaufreibende Vorbereitungen, überwältigende Reaktionen und die Wichtigkeit, seine Liebe auch öffentlich zu zeigen.
Thomas, Gratulation zur Verlobung! Wie fühlt ihr euch?
Grandios! Es fühlt sich wirklich super an, verlobt zu sein.
Ein Antrag auf der Bühne des Life Balls – wie hast du das eingefädelt?
Ich sage es mal so: Ich hatte die eine oder andere Beziehung zu den Verantwortlichen. Ganz so einfach, wie das nun vielleicht klingt, war es aber nicht. Mehr sei an dieser Stelle nicht verraten, ein paar Geheimnisse muss es ja noch geben (lacht).
Wie lief die ganze Planung ab?
Das war ein ziemliches Theater! Es waren zahlreiche E-Mails, Telefonate und kreative Notlügen gegenüber Simon vonnöten, damit alles klappte und er von nichts Wind bekam. Wir hatten im Vorfeld tagelang aufwendige Kostüme für den Ball genäht, weil wir ursprünglich verkleidet erscheinen wollten. Dann wurde ich plötzlich dahingehend informiert, dass der Antrag in die Eröffnungsshow miteinbezogen werden würde und wir deshalb – aus dramaturgischen Gründen – einen Smoking anziehen müssten. Wie gesagt, es waren Lügen notwendig, um Simon von der Notwendigkeit des Smokings zu überzeugen. Um es zusammenzufassen: die ganze Vorbereitungsphase strapazierte meine Nerven (lacht)! Die seinigen natürlich auch, was mir immer wieder sehr leid tat. Einige Male war ich knapp davor, ihm etwas zu erzählen, damit er sich beruhigen konnte. Aber eben – nur knapp davor!
Wie nervös warst du in Wien?
Am Tag des Balls war ich immens nervös. Ich schluckte andauernd Imodium, damit ich nicht zehn Minuten vor dem Einsatz plötzlich auf die Toilette musste (lacht). Am Abend selbst war ich dann verhältnismässig ruhig und gelassen, ich «funktionierte» einfach. Das Ganze war aber schon sehr intensiv. Wir brauchten zwei, drei Tage, um alles zu verarbeiten und zu realisieren, was passiert war.
Der Life Ball ist ein grosser, vielbeachteter Anlass – warum ein Antrag in diesem Rahmen?
Das hat mit unserer Vorgeschichte zu tun. Simon hatte mir zuvor bereits einen Antrag gemacht, auf welchen ich damals nicht angemessen reagiert hatte. Daraufhin war er natürlich ziemlich geknickt. Ich wusste, dass es nun an mir lag, das Ganze wieder gut zu machen und mir etwas wirklich Spezielles einfallen zu lassen. Und so kam mir die Idee, ihn am Life Ball um seine Hand zu bitten. Der Life Ball ist nicht einfach nur eine verrückt-verdrehte, queere Party, sondern widmet sich vor allem dem Kampf gegen Aids und HIV. Er steht für Akzeptanz, Respekt und Toleranz gegenüber Minderheiten, weltweit. Wenn kein Antrag hier, wo denn dann?
Die Öffentlichkeit des Antrags hat dich also nicht gestört?
Nein. Es ist nach wie vor sehr wichtig, dass wir LGBT uns zeigen und öffentlich zu unserer Liebe stehen. So können die Leute unsere Forderungen nach Gleichstellung mit Gesichtern und Personen verbinden. Sie sehen ganz konkret, wer von den ungleichen Regelungen betroffen ist. Das hat eine ganz andere Wirkung. Auch die Organisatoren des Life Balls sind dieser Ansicht – nicht zuletzt deshalb gaben sie meiner Anfrage statt.
Wie fielen die Reaktionen aus?
In Wien waren sie umwerfend, das hätte ich nicht gedacht! Am Ball kamen viele auf uns zu und beglückwünschten uns, und auch draussen in den Strassen sprachen uns wildfremde Menschen an und gratulierten zur Verlobung. Überdies waren am Sonntag die Zeitungen voll mit der Geschichte und sogar vom Bürgermeister erhielten wir Grussworte sowie eine Einladung zu einem Treffen. Die Wienerinnen und Wiener waren also sehr offen und herzlich.
Und in der Schweiz?
Am Gate am Flughafen Wien hörten wir einen Schweizer, der abschätzig sagte: «Ach, das sind die beiden Schwulen vom Fernsehen.» Da merkte ich erneut, dass noch nicht alle gleich weit sind. Unsere Freunde, Familien und Bekannten waren überrascht – es wusste wirklich niemand etwas davon – und freuten sich natürlich sehr. «Endlich!», sagten einige. Damit spielten sie auf die Tatsache an, dass Simon und ich schon sehr lange zusammen sind. Schön waren auch die Reaktionen, die Simon erhielt. Er ist für die UBS tätig und sein Team war hin und weg vor Begeisterung. Zudem kamen bei der Arbeit mehrere Personen auf ihn zu, die er noch gar nicht kannte. Sie sprachen ihn auf die Verlobung an und gratulierten. Ganz besonders gefreut und sehr berührt hat uns schliesslich die Tatsache, dass wir vom Eidgenössischen Aussendepartement Gratulationen erhielten.
Wann feiert ihr die Hochzeit?
Das steht noch nicht fest. Früher sagte ich immer, dass ich nicht heiraten wollte, bis wir «richtig» heiraten können. Vielleicht warten wir gar noch die Gesetzesänderung ab, das ist noch unklar. Was wir wissen: Entweder werden wir im kleinen, familiären Rahmen heiraten oder wir organisieren ein riesiges, rauschendes Fest. Oder beides (lacht)!
Interview: Markus Stehle