Mit dem bisherigen Nationalrat Hans-Peter Portmann hat network weiterhin einen Vertreter in Bundesbern. Ständeratskandidat Bernhard Pulver hat die Wahl hingegen knapp verpasst.
Verantwortung zu übernehmen ist Teil des network-Leitbildes und der Vereinsidentität. Dazu gehört auch die politische Verantwortung: Gleich 13 Mitglieder stellten sich am 22. Oktober zur Wahl. Am Ende durfte sich leider nur ein Networker über den Einzug ins Bundeshaus freuen. FDP-Politiker Hans-Peter Portmann schaffte seine Wiederwahl als Zürcher Nationalrat dafür ganz komfortabel.
«Ich bin sehr glücklich, ein so gutes Wahlergebnis erzielt zu haben», schrieb das langjährige network-Mitglied auf X (ehemals Twitter). Seit 2014 ist er Nationalrat und dort Teil der aussenpolitischen Kommission sowie der bundesparlamentarischen Delegation zur EU/EFTA.
Geld kauft keine Sitze
Wir fragten Hans-Peter, was wohl die entscheidenden Faktoren waren, dass so viele Wähler:innen ihm erneut das Vertrauen geschenkt haben. «Ich denke, dass ein jahrelanges Engagement mit einem öffentlichen Bekanntheitsgrad einem immer noch die meisten Wählerstimmen bringt. Eines kann man auch nach diesen Wahlen sagen: Zum Glück ist nach wie vor ein Parlamentssitz nicht mit Geld zu erkaufen.»
Themen aus der LGBTI-Community würden im neuen Parlament weiterhin gute Chancen haben, sagt Hans-Peter. In Bezug auf liberal gesellschaftliche Anliegen habe sich nichts an den Mehrheitsverhältnissen im Parlament geändert. «Da bleiben unsere Chancen für weitere Minderheitsanliegen bestehen. Mit einzelnen neuen erzkonservativen Gesichtern im Parlament wird es aber sicherlich vermehrt zu diskriminierenden Statements kommen.»
Poleposition in Luzern
Ganz knapp nicht gereicht hat es hingegen für Networker Stephan Schärli. Er belegte als Kandidat der Mitte in Luzern den undankbaren vierten Platz. Undankbar deswegen, weil der Mitte drei Sitze im Nationalrat zustehen. Stephan zeigte sich in einer Videoansprache auf X dennoch zufrieden mit dem Resultat und bedankte sich für die Unterstützung. Mit Platz vier befindet er sich immerhin in der Poleposition: Wird ein Sitz frei, kann er nachrücken.
Ebenfalls direkt hinter den beiden Gewählten landete der Berner Networker und Ständeratskandidat Bernhard Pulver, der für die Grünen ins Rennen ging. Lange sah es nach einem zweiten Wahlgang aus, doch nachdem sich zahlreiche Kandidat:innen zurückgezogen hatten, gab auch Bernhard bekannt, dass er auf den zweiten Wahlgang verzichte. Damit sind Werner Salzmann (SVP) und Flavia Wasserfallen (SP) still gewählt.
«Wahlkampf hat Spass gemacht»
Die Chancen, die Lücke von 60’000 Stimmen auf Salzmann zu schliessen, wären klein gewesen, sagt Bernhard. Es hätte die volle Solidarität der SP erfordert, stark und zu zweit anzutreten – und selbst dann wäre es kaum erreichbar gewesen.
Er sei «überhaupt nicht enttäuscht», das Resultat von fast 100’000 Stimmen habe ihn gefreut. «Mein Leben geht interessant weiter und der Wahlkampf hat mir Spass gemacht. Ich hätte mich gerne im Ständerat eingesetzt, aber die Bevölkerung hat ganz klar Flavia Wasserfallen als die richtige Ständerätin betrachtet. Sie hat sich bisher für queere Anliegen eingesetzt und wird das sicher auch in Zukunft tun.»
Besorgniserregender Tonfall
Trotz Rechtsruck glaubt Bernhard nicht, dass das neue Parlament die rechtlichen Errungenschaften der LGBTI-Community gefährden könnte. «Aber mir macht der Tonfall der politischen Debatte und die Bereitschaft von einzelnen SVP-Parlamentariern, mit ihren Tweets so stark ins Feuer zu blasen, dass die Gewaltbereitschaft in intoleranten Kreisen zunimmt, wirklich Sorgen. Wir queeren Menschen werden die ersten Opfer dieser Klimaverschärfung sein.»
Rechte Kreise hätten sich in den letzten Jahren auf Themen wie «Gender» und «Wokeness» eingeschossen und würden sich offensichtlich eine Stärkung aus diesem Kulturkampf erhoffen. Das beeinflusse die Gesellschaft langsam, aber stetig und werde die Art, wie man mit LGBTI-Themen umgehe, schrittweise verschlechtern, befürchtet Bernhard. Er würde es begrüssen, wenn network in dieser Frage vermehrt Gegensteuer geben würde.
Weniger motiviert
Auch Andy Künzler, Leiter der Politischen Kommission von network, sieht keine Gefahr für die bereits erlangten Fortschritte. «Die erfolgreichen Vorlagen der letzten Jahre wurden selbst vom eher konservativen Ständerat angenommen. Zudem gab es zwei Vorlagen (Ehe für alle und Erweiterung des Diskriminierungsverbots), denen das schweizerische Volk deutlich zugestimmt hat.» Auch die Motion der Rechtskommission des Nationalrates zum Verbot von «Konversionsmassnahmen» hätten viele bürgerliche Nationalrät:innen angenommen.
Doch Andy kann sich vorstellen, dass es nun noch langsamer vorwärtsgeht. Denn ein konservativeres Parlament sei weniger motiviert, queere Themen anzugehen. «Entsprechend sind wir gefordert, queere Anliegen immer wieder auf das politische Parkett zu bringen.»